Konjunktur

Coronakrise könnte bis zu 83 Milliarden Euro kosten

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Baukraene, Konjunktur, Wirtschaft, Wirtschaftsaufschwung, Wachstum, Bruttosozialprodukt, Wohnungsbau, Mietendeckel, ***imago images/McPHOTO
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Die Ökonomen des Münchner Ifo-Instituts haben sich die potenziellen Auswirkungen der Krise auf Österreich angesehen. Laut ihnen könnte das BIP heuer schlimmstenfalls um gut 20 Prozent schrumpfen.

Wien. Es sind drastische Zahlen, die von den Wirtschaftsforschern des Münchner Ifo-Instituts am Mittwoch vorgelegt worden sind. Die Ökonomen haben berechnet, wie stark sich die Coronakrise auf die einzelnen Volkswirtschaften Europas auswirken könnte. Und für Österreich kommen sie dabei auf einen maximalen Schaden von 83 Mrd. Euro. Das entspreche einem Wachstumsverlust von 20,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Angesichts eines – vor Ausbruch der Krise – prognostizierten Wachstums von rund 1,2 Prozent würde dies einem Schrumpfen der heimischen Wirtschaftsleistung um gut 20 Prozent im Jahr 2020 bedeuten.

Annahme für dieses maximale Schreckensszenario ist eine dreimonatige Lockdown-Phase, bei der sämtliche Industrien, die nicht systemrelevant sind, vollständig auf null gestellt werden – so wie das zur Zeit in Spanien oder Italien der Fall ist. Dazu gehören beispielsweise für Österreich so wichtige Branchen wie die metallverarbeitende Industrie oder die Herstellung von Papier und Karton. Nur die Landwirtschaft, die Energieversorgung sowie die Produktion von Lebensmitteln und Medikamenten ist in diesem Szenario noch zu 100 Prozent aufrecht.

Wie lange Stillstand?

Bleiben hingegen die meisten Wirtschaftsbereiche zumindest zur Hälfte aktiv, reduzieren sich auch die Kosten eines dreimonatigen Lockdowns auf 47 Mrd. Euro beziehungsweise 11,9 Prozent BIP-Wachstumsverlust. Fällt die Phase der Einschränkungen mit zwei Monaten (im Fall Österreichs also bis Mitte Mai) auch kürzer aus, dann sinken die volkswirtschaftlichen Kosten auf bis zu 34 Mrd. Euro oder ein um 8,5 Prozent geringeres Wachstum als in der ursprünglichen Prognose.

Die Zahlen des Ifo sind auf den ersten Blick wesentlich drastischer als beispielsweise die Szenarien, die Wifo und IHS jüngst für Österreich präsentiert haben. Die beiden Institute kommen für heuer lediglich auf eine BIP-Schrumpfung von zwei (IHS) beziehungsweise 2,5 (Wifo) Prozent. Der Unterschied zum Ifo ist, dass die Österreicher ein wesentlich sanfteres Szenario unterlegt haben. Demnach dauert der Lockdown nur vier (IHS) beziehungsweise sechs (Wochen) an. Spätestens ab Ende April sollten sich die Vorgaben für die heimische Wirtschaft demnach wieder normalisieren.

Es bringe nichts, „irgendwelche Horrorszenarien“ zu berechnen, erklärte Wifo-Chef Christoph Badelt die Vorgangsweise der heimischen Institute anlässlich der Präsentation ihrer Szenarien. Denn es sei klar, dass die Auswirkungen wesentlich drastischer würden, je länger die Phase des teilweisen Stillstandes andauere. Auch IHS-Chef Kocher meinte, dass bei einem Andauern bis Mitte Mai am Jahresende „schnell ein Minus von fünf Prozent des BIP“ stehen würde.

Das sieht man übrigens auch in München so. „Das Ganze sind ,Was-wäre-wenn‘-Szenarien – keine Prognosen“, sagt Ifo-Ökonom Andreas Peichl auf Anfrage der „Presse“. „Sie zeigen die mögliche Spannbreite der Auswirkungen.“ Wie die Entwicklung wirklich aussehen wird, könne niemand genau sagen.

Italien: Woche kostet 27 Mrd.

Dennoch zeigen die Worst-Case-Berechnungen des Ifo, wohin eine zuerst unkontrollierte Ausweitung der Infektion, die in der Folge einen kompletten Shutdown bringt, führen kann. So verursacht etwa in Italien eine einzige Woche des aktuellen kompletten Stillstandes Kosten von bis zu 27 Mrd. Euro beziehungsweise 1,5 Prozent BIP-Verlust. In Spanien sind es 20 Mrd. Euro oder 1,6 Prozent des BIP.

Im fiktiven Worst-Case wären die südlichen Länder mit einem BIP-Verlust von in Summe rund 19 Prozent jedoch schwächer getroffen als Österreich oder Deutschland. Das spiegelt den etwas geringeren Grad der Industrialisierung wider.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2020)

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