Corona Briefing Tag 18

Süßsaure Nachrichten aus der Welt und warum in Wien bald die Gärten von MA48-Partisanen besetzt werden

Eine Parkbesucherin auf der Wiese vor dem Augarten der Bundesgärten
Eine Parkbesucherin auf der Wiese vor dem Augarten der BundesgärtenAPA/HERBERT P. OCZERET
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In den USA hat die Zahl der bestätigten Corona-Fälle die Marke von 200.000 überschritten. In Österreich will Innsbrucks Bürgermeister, dass Tirol als erstes Bundesland wieder in den Normalbetrieb geht.

Guten Morgen! Heute Zahlen und Fragen. Kann es gute Nachrichten in schlechten geben? Kann es schlechte Nachrichten in guten geben? Beides. Die weltweite Lage angesichts der Verbreitung des Corona-Virus ist besorgniserregend. Das sieht angesichts der „raschen Eskalation“ der Pandemie die WHO so. Die Zahl der Todesopfer weltweit habe sich innerhalb einer Woche mehr als verdoppelt, warnt WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. In den kommenden Tagen ist mit einem Anstieg der Infektionszahlen auf eine Million und der Zahl der Todesopfer auf 50.000 zu rechnen.

Italien hat am Mittwoch mehr als 720 Tote vermeldet – allerdings bleibt der Anstieg der Zahl der aktuell Infizierten stabil. Eingerechnet der Toten und Geheilten lag die Summe der erkannten Infektionen bei insgesamt 110.574 in Italien. Insgesamt sind es nun 13.155 Tote. Die Lombardei vermeldet aber vorsichtig positiv: „Die Epidemiekurve hat sich stabilisiert. Die Zahl der neuen Infektionen wächst nicht mehr“, so der lombardische Präsident Attilio Fontana auf Facebook. Rom verlängert die strengen Ausgangsbeschränkungen für die 60 Millionen Bürgerinnen und Bürger wegen der Coronavirus-Krise bis zum 13. April. (Quellen: Agenturen und ORF).

In den USA hat die Zahl der bestätigten Coronavirus-Fälle die Marke von 200.000 überschritten. Die Zahl der Toten stieg unterdessen auf 4476. Damit lagen die USA nach der Anzahl der Toten weltweit an zweiter Stelle hinter den beiden europäischen Hotspots Italien und Spanien. Besonders betroffen ist der Bundesstaat New York. Dort wurden inzwischen mehr als 83.000 Infektionen und fast 2000 Tote bestätigt, wie Gouverneur Andrew Cuomo zuletzt sagte. Der ist als Krisenmanager in den US-Nachrichten ungefähr so präsent wie Sebastian Kurz in den unseren: also omni. Seine empathischen Auftritte und Ansprachen gelten als Lichtblick, dass man ihm eine politische Karriere bis ins Weißen Haus prophezeit.

Allerdings: Die Hoffnung vieler Europäer, Donald Trump könnte über sein Krisenmanagement und die anfängliche Fehleinschätzung, das Virus sei harmlos, stolpern, ist wohl wieder nur Wunschdenken. In den meisten Umfragen liegt Trump gut, und halb Europa und Dutzende Premiers – auch der nun auf Quarantäne drehende brasilianische Rabauken-Präsident Jair Bolsonaro – unterlagen dieser gefährlichen Fehleinschätzung. Die These, dass die Lage in vielen Ländern wie den USA noch richtig übel werden dürfte, ist leider sehr wahrscheinlich.

In Österreich gibt es zwar eine leichte Abflachung der Infizierten-Kurve, die mittlerweile schon jedes Kind kennt, aber ebenfalls noch keine Entwarnung. Und noch immer werden zu wenige Menschen getestet. Die Zahl der bestätigten Fälle ist auf rund 10.500 gestiegen. 146 Menschen starben bisher, 1436 Menschen sind geheilt. Das sind keine Zahlen, die Grund zur Panik sein sollten, aber auch noch kein Grund an Lockerungen zu denken. Ausgerechnet der Bürgermeister vom stark betroffenen Innsbruck sieht das übrigens anders: Georg Willi fordert, dass Tirol als erstes Bundesland wieder in den Normalbetrieb gehen kann. Denn, und jetzt wird es gut: Tirol sei der Pionier bei den zu setzenden Maßnahmen gewesen und sollte nun auch Pionier bei der Öffnung sein. „Und dies vor den anderen Bundesländern, die uns hintennach sind", sagt der Grün-Politiker. Er denke über Möglichkeiten nach, um den „Leuten vor Ostern das Gefühl zu geben, es gibt ein bisschen mehr Luft".

Was sagt Georg Dornauer eigentlich dazu, dass Herr Willi seine Rolle übernommen hat? Vor wenigen Tagen habe ich unabsichtlich Bürgermister statt Bürgermeister geschrieben, hoffentlich passiert mir dies nicht noch einmal. Die wirtschaftliche Lockerung wird wohl bundesweit kommen, in Stufen Mitte April und dann mit dem Tag der Arbeit.

Interessanterweise gab es bis heute eine unerschütterliche Mehrheitsmeinung: Kein Mensch will eigentlich eine Große Koalition. Nur wenn es eine echte Krise gibt, dann macht so ein Modell über den tiefen Graben in der Mitte hinweg sehr viel Sinn. Diese Idee oder Meinung scheint in dieser echten Krise völlig obsolet zu sein. Kein Mensch würde diesen Gedanken heute ventilieren nicht einmal auf Twitter, wo jeder noch so absurde Gedanke ventiliert wird, etwa dass die Situation jetzt im Corona-Österreich schlimmer sei als die Lage in den östlichen Nachbarländern vor dem Fall von Mauer und Vorhang im Kommunismus.

Das sollte den führenden (?) Köpfen in der SPÖ mehr zu denken geben, als ob Pamela Rendi-Wagner mit dem Landeshauptmann von Eisenstadt gerade kann oder nicht. Zumal die Sozialpartnerschaft hinter und vor den Kulissen bis auf eine Teilgewerkschaftsausnahme Vida wirklich gut funktioniert. Offenbar haben sich alle mit der SPÖ in Opposition abgefunden…

Aber halt, immerhin haben die Wiener Sozialdemokraten und ihre Texter eine echte politische Fahnen- und Entscheidungsfrage gefunden: Sollen die Bundesgärten so wie die mit ihnen verbundenen Bundesmuseen geschlossen oder zugänglich sein wie die meisten Wiener Parks? Tatsächlich darf man ja zu zweit oder mit der Familie spazieren gehen. Wenn aber Schönbrunn, der Burggarten und der Augarten zu bleiben, wird es im Stadt- und Rathauspark noch dichter. Klingt logisch, wäre wohl auch wichtig und richtig, also eigentlich ein Fall für eine pragmatische Öffnung bis 18 Uhr. Allerdings ist die Vehemenz und Härte mit der der rote Teil der Wiener Stadtregierung und ganze SPÖ-Familien wie die Kerns dafür in den sozialen Medien kämpfen, mehr als bemerkenswert: Klingt und liest sich als würde es um das Wiener Rathaus und den Bürgermeister gehen. Fehlt nur eine Garten-Besetzung des bewaffneten Arms der Wiener SPÖ, also den MA-48-Partisanen, die dort gemeinsam „Bella Ciao“ singen würden. Apropos: Rot und Grün streiten wiederum, ob nun Straßen für den Verkehr gesperrt werden sollen, um Mensch und Haustier mehr Auslauf zu geben. So schlimm kann diese Krise also offenbar doch nicht sein. Wie wäre es, wenn die Streithähne und Hähninnen einfach in den Hof (spielen) gingen und sich das dort ausmachen? Mit Abstand aber.

Und noch eine kleine gute Nachricht: In Michael Tojners Hotel Intercontinental, das bei Bedarf zu einem Spital für mild verlaufende Corona-Virus-Fälle umfunktioniert werden könnte, kocht die gesamte Mannschaft ähnlich wie Familie Reitbauer nebenan im Steirereck im Stadtpark gegen das Virus. (Dort für die Einsatzkräfte.) Seit gestern werden aus der Küche des Intercontinental täglich 200 Essen an alleinstehende Senioren im dritten Bezirk ausgeliefert, von Freiwilligen auf Rädern, in Autos und drei Fiaker-Kutschen, die sich angeboten haben. Erklärung der Fiaker: Die Pferde müssen ohnehin bewegt werden. Geht in Wien eben auch anders als oben geschildert.

Weniger kindisch gehen die meisten Österreicher mit den neuen Masken um, die in unserem Selbstverständnis bisher nur deutsche Karnevalisten und epidemienerprobte Asiaten trugen. Das scheint eine Fehleinschätzung gewesen zu sein. Vermutlich ging es vielen wie mir: Bisher war mir das Tragen einer solchen peinlich, das hätte man ja als übertriebene Ängstlichkeit deuten können. Aber kaum war das Gebot verkündet, konnte ich, konnten alle, die eine zu Hause hatten oder gebastelt hatten, sie auch schnell umbinden. Schafft zusätzliche Distanz. Verleiht ein bisschen künstliche Sicherheit. Schön.

Bis morgen! Dann mit Schweden, meiner Video-Konferenz-Aggression und dieser anderen Oppositionspartei.

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