Coronavirus

US-Experten: Keine Gefahr durch Blutdruckmedikamente

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ACE-Inhibitoren und Angiotensin-Rezeptorblocker sollten weiter eingenommen werden, sagen Forscher im renommierten „New England Journal of Medicine“. Ein Absetzen könne gefährlich sein.

Seit rund zwei Wochen kocht international und auch in Österreich immer wieder eine Hypothese hoch, wonach die sehr häufig bei Bluthochdruck, chronische Herzschwäche und Nierenfunktionsstörungen eingesetzten ACE-Hemmer und ACE-Rezeptorantagonisten (ARBs) zu einer höheren Covid-19-Gefährdung führen könnten. Laut führenden US-Experten gibt es dazu keine wissenschaftlichen Beweise.

"Trotz theoretischer Unsicherheiten (...) gibt es ein klares Potenzial für auftretende Schäden, wenn die Einnahme von RAAS-Inhibitoren (ACE-Hemmer und Angiotensin-II-Rezeptorblocker; Anm.) von Patienten abgesetzt wird, die sich sonst in einem stabilen Zustand befinden", schreiben Muthiah Vaduganathan und Co-Autoren im in der Fachwelt angesehensten medizinischen Journal "The New England Journal of Medicine" (1. April). Bei der weltweit häufigen Verwendung der Medikamente gegen Hypertonie, Herzinsuffizienz und Nierenfunktionsstörungen seien natürlich auf der Basis von wissenschaftlichen Untersuchungen formulierte Leitlinien auch in Covid-19-Pandemie-Zeiten notwendig.

Auch Risiko-Patienten sollen Medikamente einnehmen

Die Wissenschafter von der Harvard Medical School in Boston (USA) haben 69 wissenschaftliche Arbeiten zu dem Thema ausgewertet. Sie kommen unter anderem zu folgenden Schlussfolgerungen bezüglich der Sicherheit der Anwendung der ACE-Hemmer und ARBs:

- Das schnelle Absetzen von RAAS-Inhibitoren bei Hochrisiko-Patienten inklusive von Kranken mit Herzschwäche oder nach Herzinfarkt könnte deren Krankheitssituation instabil machen und negative Auswirkungen auf den Gesundheitszustand haben.

- Bis weitere Informationen (aus laufenden wissenschaftlichen Studien; Anm.) vorhanden sind, sollten die RAAS-Inhibitoren von den Patienten weiter eingenommen werden, auch wenn sie ein Risiko für Covid-19 hätten.

„Spekulationen haben keine wissenschaftliche Basis“

Ganz ähnlich haben sich die österreichische und die europäische Fachgesellschaft für Kardiologie geäußert. "Der postulierte Zusammenhang zwischen einer Covid-19-Erkrankung und den genannten Medikamenten ist rein spekulativ und leitet sich aus tierexperimentellen Befunden ab, wonach SARS-CoV-2 am sogenannten ACE2-Rezeptor in der Lunge gebunden wird und andererseits ACE2 unter einer Therapie mit ACE-Hemmern und Angiotensin-Rezeptor-Blockern vermehrt gebildet wird", erklärte der Präsident der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft, Peter Siostrzonek.

Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) hat ebenfalls eine eindeutige Stellungnahme abgegeben: "Diese Spekulationen über die Sicherheit von ACE-Hemmern oder Angiotensin-Rezeptorblockern haben keine solide wissenschaftliche Basis. In Wirklichkeit gibt es Evidenz aus Tierstudien, die darauf hindeuten, dass diese Medikamente eher einen schützenden Effekt vor schweren Lungenkomplikationen haben könnten. Es gibt aber bisher keine Daten (über den Effekt; Anm.) beim Menschen."

ACE-Hemmer haben vor mehr als 20 Jahren die Behandlung von chronischer Herzschwäche revolutioniert. Ähnliches gilt für ihren schützenden Effekt auf die Nierenfunktion. In Österreich leiden bis zu 300.000 Menschen an chronischer Herzinsuffizienz.

(APA)

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