Arbeitsmarkt

Insolvenzexperten fordern Kurzarbeit für insolvente Firmen

Symbolbild: Antrag auf Kurzarbeitergeld
Symbolbild: Antrag auf Kurzarbeitergeldimago images/foto2press
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Firmen mit Insolvenzverfahren können ihre Mitarbeiter nicht in Kurzarbeit schicken. Das sei aber die teurere Variante, sagt KSV-Experte Hans-Georg Kantner.

Führende Insolvenzrechtler warnen vehement vor einigen Auswirkungen der Corona-Kurzarbeitsregeln. Wenn Firmen die Kurzarbeit nutzen und insolvent werden, fallen sie aus dem Konzept heraus. Firmen, die in einem Insolvenzverfahren sind, können erst gar nicht teilnehmen. Das müsse sich schnell ändern, um den Fortbestand vieler Firmen und damit zahlreicher Jobs nicht zu gefährden, fordern die Experten.

„Das ist eine schockierende Situation, weil das ganze herrschende Sanierungskonzept und die Sanierungskraft von Unternehmen vollkommen ausgehebelt und desavouiert werden", warnte KSV-Experte Hans-Georg Kantner am Donnerstag. Er fordert das AMS und die Bundesregierung aus ÖVP und Grünen dringend dazu auf, „die Haltung zu überdenken und absolut zu ändern".

Unter dem Strich dürfte der Ausschluss insolventer Firmen die teurere Variante sein, so Kantner. „Denn wenn Masseverwalter jetzt alles schließen müssen, werden die Leute arbeitslos und die unternehmerische Infrastruktur wird liquidiert."

„Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes"

„Zudem würde wohl kein Unternehmen unter solchen Prämissen ein Insolvenzverfahren beantragen - weil das Unternehmen dann ohnehin tot ist, wenn es das tut." Diese Einschätzung begründet der Fachmann vom Kreditschutzverband von 1870 damit, dass Insolvenzverwalter die Unternehmen wohl schließen müssten, anstatt diese unter weiterer Anwendung der Corona-Kurzarbeit zu sanieren. Der KSV-Fachmann sprach auch von einer „Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes", wenn insolvente Firmen die Corona-Kurzarbeit nicht nutzen könnten.

„Durch den aktuell behaupteten Wegfall der Möglichkeit von Kurzarbeitsentgelt im Rahmen von Insolvenzverfahren wird sanierungswürdigen Unternehmen die Sanierungschance massiv erschwert", hieß es von den Insolvenzrechtsexpertin Ulla Reisch, Stephan Riel, Michael Lentsch, Rudolf Mitterlehner und Thomas Zeitler Mittwochabend in einer Aussendung. Dies sei der Fall, weil „die Fortführung mangels Umsatzmöglichkeiten gefährdet wird und Dienstverhältnisse zu beenden sind, was nichts mit ihrer Situation im Insolvenzverfahren zu tun hat, sondern eben mit der Covid-19-Pandemie."

Erhöhte Gefahr einer weiteren Insolvenz

Kantner berichtete von zwei Unternehmen, die das Insolvenzverfahren schon hinter sich haben und sich derzeit in der Phase der Quotenzahlungen befinden. Hier habe er gehört, dass diesen Firmen seitens des Arbeitsmarktservice (AMS) der Antrag auf Corona-Kurzarbeit zumindest mündlich abschlägig behandelt worden sei. Das sei ein Fehler, denn wenn eine Firma die Sanierung geschafft habe und wieder auf einem guten Weg sei, dann werde so die Gefahr erzeugt, dass sie wieder insolvent und dann sofort geschlossen werde.

Auch für die Insolvenzverwalter brach Kantner eine Lanze: „Sie führen Unternehmen ja nicht aus Jux und Tollerei fort, sie sind Sanierungsprofis." Es gebe schlicht keinen Grund zur Sorge über eine missbräuchliche Anwendung von Kurzarbeit bei Firmen in Insolvenzverfahren. „Das wäre nämlich das einzige Argument für eine solch restriktive Auslegung. Aber Insolvenzverwalter verantworten, was sie tun - mit Haftungen, mit ihrem Ruf."

Keine Firma sei derzeit davor gefeit, wegen der Coronakrise in Liquiditätsprobleme zu gelangen, sagte Kantner. „Wenn man darüber nachdenkt, was das für Insolvenzverfahren bedeuten könnte, ist die
derzeitige Haltung des AMS und der Politik eine Katastrophe." Die Haltung sei zu restriktiv und für die Volkswirtschaft nicht vorteilhaft.

(APA)

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