Infizierte Schiffscrews

US-Flugzeugträger wird evakuiert, weiterer Träger betroffen

U.S. Navy
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Tagelanges Gezerre um Anlandung der Crew nach durchgesickertem Hilferuf des Captains an die Flottenführung beendet. Verdachtsfälle auch auf dem Träger Ronald Reagan bringen die U.S. Navy im  Westpazifik gegenüber China in eine schlechte Lage.

Nach tagelangem Hin und Her sowie einem in die Öffentlichkeit gelangten Hilferuf des Kommandanten an die Flottenführung hat am Donnerstag doch die Evakuierung des nuklear betriebenen amerikanischen Flugzeugträgers USS „Theodore Roosevelt" begonnen. Er liegt seit rund einer Woche vor Guam, der US-Besitzung im Westpazifik. Wegen Coronafällen an Bord hatten die Kommandantur des lokalen US-Stützpunkts sowie die Führung der US-Pazifikflotte der Besatzung (mehr als 5000 Mann inklusive fliegenden Personals) das Anlanden verboten.

Mittlerweile durften etwa 1000 Mann das Schiff verlassen und kamen in Quarantäne. Man hatte zuvor Hotels auf der Insel requirieren lassen, um Besatzungsmitglieder dort für mindestens 14 Tage isolieren zu können. Bis Freitag sollen insgesamt 2700 Mann vom Schiff gebracht werden; nach Ablauf der Quarantäne soll der Rest folgen. Etwa 1000 Mann werden dabei freilich zu jeder Zeit für den Grundbetrieb benötigt.

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Captain Brett Crozier hatte am Wochenende in seinem Schreiben dargelegt, dass wohl mehr als 150 Mann an Bord Corona hätten und man in einer beengten Umgebung wie einem Kriegsschiff mit wenig Privatsphäre und vielen Gemeinschaftseinrichtungen keine Politik des Social Distancing machen könne. Es müsse an Bord zwangsläufig zu einer Masseninfektion kommen, die vermutlich auch Todesopfer fordern würde. Man solle also, so Crozier, 4000 Mann von Bord lassen.

„Sollen den Sturm durchmachen"

Aktuellen Zahlen zufolge wurden bisher etwa 100 Personen der Roosevelt positiv getestet. Bisher gibt es fast nur leichte Verlaufsformen. Mehrere pensionierte Offiziere der U.S. Navy hatten allerdings auch öffentlich geraten, die Männer an Bord zu lassen, um dort „den Sturm durchzumachen" - letztlich seien sie dann immun, und mit Toten sei angesichts des jugendlichen Alters der meisten kaum zu rechnen.

U.S. Navy

Die Gouverneurin des US-Außengebietes, Lou Leon Guerrero, räumte unterdessen ein, dass es unter der einheimischen Bevölkerung Widerstände gegen die Anlandung gegeben habe und immer noch gebe. Auf der Insel der Marianengruppe, die 1944 von US-Truppen aus japanischer Okkupation befreit worden war, leben etwa 165.000 Menschen. Die meisten sind von der indigenen Ethnie der Chamorro sowie Filipinos und Zuzügler aus anderen pazifischen Inselstaaten, Japan, Korea und China. Nur ein ganz kleiner Prozentsatz sind US-Amerikaner. Bis Donnerstag waren auf Guam 77 einheimische Coronafälle bekannt, es gibt auch drei Todesopfer.

Mindestens drei weitere US-Kriegsschiffe vermeldeten zuletzt Coronafälle; sie sind allerdings allesamt nicht „deployed", also in einem aktiven Einsatz stehen, sondern liegen in Häfen in den USA.

Könnte China die Lage ausnutzen?

Mittlerweile gibt es allerdings unbestätigte Berichte, wonach es auch auf dem Träger USS „Ronald Reagan" Coronafälle gebe. Dieses Schiff, so wie die Roosevelt ebenfalls von der „Nimitz"-Klasse, liegt derzeit als Teil der 7. US-Flotte vor Yokosuka in Japan. Würde an Bord wirklich Corona ausbrechen und der Träger evakuiert, könnte das unter Umständen Folgen haben, denn damit wären alle beiden großen US-Flugzeugträger, die aktuell im Westpazifik vor allem mit Blick auf China und Nordkorea stationiert sind, in der Bredouille.

Zwar betonte Captain Crozier von der Roosevelt, dass man in einem wirklichen Ernstfall alle nicht offensichtlich Erkrankten zusammentrommeln und relativ rasch in See stechen könne. Allerdings hört man aus Kreisen der Navy, dass China die Lage ausnützen könnte, konkret für Landnahmen oder Sperren im Südchinesischen Meer, wo Peking in schweren Souveränitätskonflikten mit anderen Anrainern wie Vietnam und den Philippinen steht, aber auch mit fernen Staaten und Seemächten wie den USA, Australien und Großbritannien.

Die USA besitzen elf große Flugzeugträger. Davon ist aber immer mindestens ein Drittel auf Überholung und die Mannschaft auf Urlaub, einer oder mehrere weitere stehen in US-Häfen in Halb-Bereitschaft. Aktuell stehen fünf Träger in aktivem Einsatz. Als Ende 2017 sieben der elf großen Träger (jeder hat Platz für etwa 80 bis 100 Flugzeuge und Hubschrauber) zugleich im Einsatz standen, war das eine Rekordzahl in Friedenszeiten, die es zuvor nur selten geben hatte, zuletzt anno 2004.

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