Die Geisterstadt Kolmannskuppe (Kolmannskoop) hat seinen Diamantenrausch längst hinter sich.
Stille Orte

Im Süden von Namibia: Dünen lügen nicht

Am kalten Atlantik, umringt von der Namib liegt quasi mitten im Nichts: Lüderitz. Die kleine, staubige Diamantenstadt am Ende der Welt, gleich hinter „Aus“ im Nationalpark Sperrgebiet, ist ein wenig wüst geblieben, und ein Kapitel in der problematischen Geschichte des Kolonialismus in Namibia.

Lüderitz im Süden von Namibia: Kurios wirkt die deutsche Vergangenheit der Hafenstadt.
Lüderitz im Süden von Namibia: Kurios wirkt die deutsche Vergangenheit der Hafenstadt.(c) Juergen Goetz

Mit Hansi Hinterseer und sieben roten Rosen war eigentlich nicht zu rechnen gewesen. Mit Freddy Quinn schon eher, obwohl auch von Gitarren und Meer keine Spur ist. Plötzlich war jedenfalls Musik da und das Knistern im Autoradio vorüber, gleich nach Seeheim, wo ein uraltes Hotel aus Steinblöcken zum einzigen Landmark weit und breit geworden ist. Wir fahren schon stundenlang von Grünau westwärts, einmal auf Kies, einmal auf neuem Asphalt. Und immer Richtung Lüderitzbucht am Atlantik, vorbei an struppigen Wildpferden hinter Aus – der Ort heißt tatsächlich so und sieht genauso aus – und meterhoch sandverwehten Schienen der brandneuen Bahnlinie, die drei große Bagger gerade freilegen.Der Sender heißt NBC Rundfunk Namibia (Motto in etwa: Deutsche Sprache gehört gehört), besteht seit 1979, und bringt täglich Kindersendungen („Hallo Kinder“), Samstagmorgen „Wochenend und Sonnenschein“ und Sonntagnachmittag nach der Bibelstunde „Wünsch dir was“. Frau Vogelbeer aus Swakopmund wünscht sich Andreas Gabalier. Doch von Rehlein ist hier in Südnamibia keine Spur, eher von Oryx und Springböcken, die aus dem Nationalpark Sperrgebiet – der wirklich immer noch so heißt – traben, der ohne Sondergenehmigung der Diamantenfirma immer noch tabu für Besucher ist. Die Straße führt mitten hindurch und darf auf beiden Seiten nicht verlassen werden.

Hunderte Kilometer Nichts

Verlassener geht es ohnedies kaum, selbst für namibische Verhältnisse. 495 Kilometer und nur mit einer Tankstelle ausgestattet ist die Strecke bis zur Lüderitzbucht. Windhoek, die Hauptstadt, liegt 685 Kilometer (Staubpiste) oder 830 (Asphalt) entfernt. „Einmal im Jahr fahren wir zum Zahnarzt hin“, erzählt Frau Lore, 74, die in der Bismarckstraße in der kleinen Stadt Lüderitz einen kleinen Laden neben der Kegelbahn betreibt. Sie verkauft Souvenirs und Memorabilien, die Buchter-News (eine namibische Lokalzeitung in deutscher Sprache), und Eintrittskarten für die verwehte Diamanten-Geisterstadt Kolmannskoop (Kolmannskuppe) in der diesigen Dünenlandschaft im Hinterland. Schon ihre Großeltern waren hier geboren, sagt sie, und zeigt stolz ihre Hefte der Schriftenreihe „Aus alten Tagen in Südwest“, die von Walter Moritz, einem ehemaligen Missionar der Rheinischen Mission, herausgegeben wurden. Da geht es um Ochsenkarren und Pastoren, um Seidenweber und feindliche Herero – um Zucht und Ordnung und Schwarz und Weiß, nicht nur drucktechnisch.

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