Notfallfonds

Staat schießt bis zu 90 Mio. Euro zu

Die Regierung brachte den Notfallfonds auf den Weg, der Kredite garantiert und direkte Zuschüsse vorsieht.
Die Regierung brachte den Notfallfonds auf den Weg, der Kredite garantiert und direkte Zuschüsse vorsieht.(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Kreditgarantien bis 120 Millionen Euro, direkte Zuschüsse für Betriebskosten bis 90 Mio. Euro, Kreditstundungen: Der Nationalrat hat ein umfassendes Hilfspaket beschlossen.

Wien. Es gehe darum, den „Blutkreislauf der Wirtschaft nicht zum Stocken zu bringen“ und um eine Verringerung „der Ansteckungsgefahr“ von finanziell angeschlagenen Firmen: Die fast täglichen Pressekonferenzen zur Corona-Gesundheitskrise schlugen sich am Freitag auch im Vokabular nieder, mit dem Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) die Regelungen für umfassende Staatshilfen für Unternehmen verkündete.

15 Milliarden Euro ist der größte der Hilfsfonds schwer, mit dem die Wirtschaft unterstützt wird. Der Notfallfonds bzw. Coronakrisenfonds besteht aus zwei Teilen: Einerseits garantiert er Kredite, um die Liquidität der Unternehmen sicherzustellen. Andererseits übernimmt der Staat für entgangenen Umsatz Teile der Betriebskosten – und zwar bis zu 90 Millionen Euro. Allerdings erst am Ende des Wirtschaftsjahrs, wenn die Umsatzeinbußen bekannt sind.

Keine Boni, keine Dividende

Bei den Krediten geht es um Haftungsübernahmen bis zu 90 Prozent der Kreditsumme. Unternehmen können sich von ihrer Hausbank die Höhe eines Quartalssumsatzes leihen, maximal aber 120 Millionen Euro. Der Kredit ist mit höchstens einem Prozent verzinst, fällig werden die Garantieentgelte in Höhe von 0,25 bis zwei Prozent. Die Gelder können ab 8. April beantragt werden.

Voraussetzung ist, dass die Geschäftstätigkeit und der Liquiditätsbedarf in Österreich bestehen. Für Aktiengesellschaften gelten zudem Einschränkungen bei Boni und Dividenden: Boni an Vorstände dürfen maximal halb so hoch sein wie im Vorjahr. Zudem dürfen keine Dividendenzahlungen von 16. März 2020 bis 16. März 2021 ausgeschüttet werden (das Dividendenverbot gilt nicht für Unternehmen, die Kurzarbeit in Anspruch nehmen).

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) stellte am Freitag auch klar, dass Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern die Hilfe nur beantragen können, wenn sie keinen Mitarbeitern gekündigt haben, sondern Kurzarbeit nützen. Für Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern gilt diese Einschränkung nicht.

Zusätzlich zahlt der Staat einen steuerfreien, nicht rückzahlbaren Zuschuss zu den anfallenden Betriebskosten (darunter fallen etwa Mieten, Versicherungsprämien, Strom-, Gas-, Telefon-, Internetkosten und auch Leasingraten). Die Kosten werden zum Teil übernommen, wenn das Unternehmen aufgrund der Coronakrise einen Umsatzeinbruch von mindestens 40 Prozent hat. Zudem müssen die Firmen „sämtliche zumutbaren Maßnahmen setzen, um Arbeitsplätze zu erhalten“.

Die Regelung im Detail: Bei einem Umsatzentfall binnen drei Monaten von 40 bis 60 Prozent bezahlt der Staat 25 Prozent der Betriebskosten; bei 60 bis 80 Prozent Entfall werden 50 Prozent ersetzt; bei 80 bis 100 Prozent übernimmt der Staat 75 Prozent der Betriebskosten. Maximal bezahlt der Bund 90 Millionen Euro. Anträge können ab 15. April bis Ende des Jahres über die Website der Austria Wirtschaftsservice (AWS) gestellt werden. Bezahlt werden die Zuschüsse nach Abrechnung des Geschäftsjahrs.

Die Regelung für den Betriebskostenzuschuss gilt auch für saisonale und verderbliche Waren, die mindestens 50 Prozent ihres Werts verloren haben. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) nannte als ein Beispiel eine Gärtnerei, die speziell für Ostern Blumen gezogen hat.

Die gesetzlichen Bestimmungen für die Hilfe wurden am Freitag vom Nationalrat verabschiedet. In der Sitzung wurde auch das angekündigte Kreditmoratorium für Privatpersonen und Kleinstunternehmen (bis neun Angestellte) beschlossen. Voraussetzungen dafür sind nachweisbare Einkommensausfälle aufgrund der Coronakrise und ein Abschluss des Kredits vor dem 15. März.

In diesen Fällen müssen die Banken die Kredite (Zinsen und Rückzahlungen) drei Monate lang stunden. Wer seine Zahlungen weiter leistet, hat damit automatisch auf die Stundung verzichtet.

Durch die Stundung verlängert sich die Vertragslaufzeit um diese drei Monate. Es gibt keine Verzugszinsen, auch eine möglicherweise im Vertrag vorgesehene Konventionsstrafe entfällt. Die maximale Zinslast in der Vertragsverlängerung beträgt bei flexiblen Krediten vier Prozent.

Definition von „Gefährdeten“

Klarere Aussagen gibt es seit Freitag auch zu der Frage, wer unter die Gruppe der „Gefährdeten“ fällt, die notfalls von der Arbeit freizustellen sind.

Es handle sich um Personen mit „einer drastischen Verringerung des Immunabwehrsystems“ (Krebserkrankung, schwere Diabetes), wie Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) erklärte. Betroffene sollen direkt von den Sozialversicherungsträgern kontaktiert werden, eine Entscheidung über eine Freistellung treffe auch der niedergelassene Arzt. Der Arbeitgeber soll nicht erfahren, welche konkrete gesundheitliche Vorbelastung ein Mitarbeiter hat. Dass er von der Vorbelastung erfährt, sei aber unvermeidbar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2020)

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