Infektion

Virus hat griechisches Flüchtlingslager erreicht

In den griechischen Lagern für Flüchtlinge und Migranten sorgt das Coronavirus für wachsende Sorge.
In den griechischen Lagern für Flüchtlinge und Migranten sorgt das Coronavirus für wachsende Sorge.(c) APA/AFP/MANOLIS LAGOUTARIS
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In einem Camp nahe Athen wurden über 20 Personen positiv auf Corona getestet. Die EU hofft, dass das Virus nicht in überfüllten Lagern der Ägäis ankommt.

Wien/Brüssel/Athen. Der Eingang zum Ritsona-Flüchtlingscamp nordöstlich von Athen ist mit Straßenpollern blockiert. Mehrere Polizisten wachen darüber, dass keiner ein- und ausgeht. Seit bekannt wurde, dass sich mindestens 23 Flüchtlinge mit dem Coronavirus infiziert haben, wurde das Lager für zwei Wochen unter strikte Quarantäne gestellt. Erst Anfang der Woche wurde eine 19-jährige Bewohnerin des Camps, die für die Geburt ihres Kindes in ein Krankenhaus der Hauptstadt gebracht wurde, eher zufällig positiv auf das Virus getestet. Es war der erste Infektionsfall in einem griechischen Flüchtlingslager. Mitarbeiter des Camps sollen nicht infiziert sein, heißt es im Migrationsministerium.  Insgesamt wurden 63 Menschen getestet, die mit der jungen Mutter Kontakt hatten. Die Infizierten zeigen bisher keine bis sehr schwache Symptome.

EU-Innenkommissarin Ylva Johansson sieht dennoch ein deutliches „Warnsignal“ dafür, was passieren könnte, wenn das Virus auf weniger gut organisierte Einrichtungen auf den griechischen Inseln übergreifen würde: Im Rotsina-Lager mit seinen knapp 3000 Bewohnern ist die Lage bei weitem nicht so schlimm wie auf den Inseln im Osten der Ägäis, wo rund 40.000 Asylsuchende in schwer überfüllten Camps festsitzen. Etwa die Hälfte dieser Menschen befindet sich im Lager Moria auf Lesbos, das für lediglich 3000 Personen ausgelegt ist. 1300 Bewohner teilen sich dort einen funktionierenden Wasserhahn. „Das Übergreifen könnte zu einer humanitären Krise führen“, warnte Johansson. Dennoch sieht die Kommissarin aktuell noch keinen Anlass für weitere Unterstützung aus Brüssel. „Ich denke, Griechenland kann das alleine managen“, sagte sie am Donnerstag bei einer Aussprache mit dem Europaparlament.

Österreich bleibt bei striktem Nein

Hilfsorganisationen fordern wegen der angespannten Situation derweil eine sofortige Evakuierung der Lager auf den Inseln. Denn die Errichtung neuer Unterbringungsmöglichkeiten für die Asylsuchenden am Festland dürfte sich noch bis Jahresende hinziehen, bestätigte Griechenlands Migrationsminister Notis Mitarachi. Zur Verschärfung der Lage trägt bei, dass die Türkei wegen der Coronakrise seit Anfang März trotz des EU-Deals keine Flüchtlinge zurücknimmt. Jene Asylsuchenden wiederum, die dieser Tage auf die griechischen Inseln übersetzen, würden zur Sicherheit nicht in den Lagern untergebracht, erläuterte Mitarachi. So soll verhindert werden, dass das Virus dort eingeschleppt wird. In den Camps würden zudem laufend Tests durchgeführt werden, um eine mögliche Infektion der Bewohner frühzeitig festzustellen und nachzuverfolgen.

Der Minister hofft aber vor allem auf die Hilfe anderer EU-Länder. Acht Mitgliedstaaten haben sich Anfang März dazu bereit erklärt, insgesamt 1600 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus den Lagern aufzunehmen. Erste Umsiedlungen sollen laut der Kommission noch vor Ostern erfolgen. Die Regierung in Wien will trotz allem weiter keine Flüchtlinge aus Griechenland umsiedeln, wird in Kanzleramt und Außenministerium unisono bestätigt. Finanzielle Hilfe aus Brüssel hat Athen indes bereits erreicht: Die Union stellte insgesamt 700 Millionen Euro zur Verfügung. „Wir haben mit Griechenland ein Notprogramm akkordiert. Es ist essenziell, dass dieses jetzt voll umgesetzt wird“, sagte ein Kommissionssprecher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2020)

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