Auch Doggen trauern

Sigrid Nunez: „Der Freund“
Sigrid Nunez: „Der Freund“Aufbau Verlag
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Der Tod ihres Freundes trifft die Erzählerin hart, dann wird ihr noch ein riesiger Hund vermacht. Ein wundervoller Roman über Freundschaft.

Hat sie ihn geliebt? Das weiß die Ich-Erzählerin nicht so genau. Zusammen waren sie jedenfalls nie, aber eng befreundet – ihr Leben lang. Der Freund und sie waren sich auch viel näher als seine Ehefrauen eins, zwei und drei. Der Freund und sie teilten auch eine große Leidenschaft und Berufung miteinander – die Schriftstellerei. Sie lebten für sie, sie opferten sich dafür. Und sie waren sich einig, dass die nächste Generation an Literaten ihrer nicht würdig war.

Als der Freund durch Suizid stirbt, wirft es die Erzählerin völlig aus der Bahn. Viele offene Fragen bleiben übrig. Und noch etwas – oder, richtiger, jemand: Apollo, eine ältere achtzig-Kilo-Dogge, die die introvertierte Erzählerin erbt und die nun in ihre winzige New Yorker Wohnung einzieht. Beide, Mensch und Tier, können ihren Verlust nur schwer verkraften. Doch so verrückt es klingen mag – und das weiß auch die Erzählerin selbst – retten sich die beiden gemeinsam aus ihrer Situation. Mit Unterstützung eines Therapeuten und – wieder – der Schriftstellerei. Der Titel des Buches ist am Ende daher eher auf das Tier, nicht auf den Menschen bezogen.

Sigrid Nunez beschreibt die Gedanken der Erzählerin so feinfühlig und liebevoll, dass man sie spürt: die Fassungslosigkeit, die Wut und Trauer, aber auch die Hoffnung. Die Autorin zeichnet auch ebenso wundervoll wie schonungslos die Beziehung zwischen Mensch und Tier nach. Und noch etwas zeigt dieser Roman: dass es sich immer auszahlt, Hilfe zu suchen. ib

Sigrid Nunez: „Der Freund“, übersetzt von Anette Grube, Aufbau Verlag, 235 Seiten, 20,60 Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.04.2020)

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