Was steckt noch drin im Lithium-Ionen-Akku?

„Das wird nicht passieren“: Mate Rimac, dessen Elektro-Know-how Hersteller wie Porsche und Hyundai nutzen.
„Das wird nicht passieren“: Mate Rimac, dessen Elektro-Know-how Hersteller wie Porsche und Hyundai nutzen.Werk
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Ein bisschen was geht noch, sagen Experten, dann ist die etablierte Batterietechnologie ausgereizt. Ob eine gänzlich neue im Kommen ist, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Die Batterie ist das teuerste Bauteil eines Elektroautos, und auch das schwerste. Mindestens 600 kg wiegt das Batterie-System des Mercedes EQC (Leergewicht: 2,5 Tonnen), das mit einer Kapazität von 80 kWh noch vergleichsweise klein bestückt ist, Reichweite laut ADAC-Test: 320 bis 390 km. An den durchwegs hohen Fahrzeuggewichten von BEVs wird sich absehbar auch nichts ändern, erläutert Andreas Hintennach, Leiter der Batterieforschung bei Mercedes-Benz, im Rahmen eines Videovortrags. Grund sind die spezifischen Eigenschaften der Lithium-Ionen-Technologie. Deren Zellen wollen im Temperaturbereich eines „Ferienresorts“ bei Laune gehalten werden, bei etwa 25 Grad Celsius. Um Langlebigkeit, Betrieb und Ladefähigkeit bei unterschiedlichen Konditionen zu gewährleisten, müsse das System permanent über einen computergesteuerten Flüssigkeitskreislauf gekühlt und geheizt werden. Zum andern erfordere der Gebrauch von flüssigen Elektrolyten eine hermetische Bauweise. Für Brandschutz und Crash-Sicherheit ist das sogenannte Housing der Akkumodule in massivem Metall ausgeführt, was sich ebenfalls aufs Gewicht schlägt. Sicherheit und Energiedichte sind grundsätzlich Antagonisten, „hier gilt es“, so Hintennach, „die richtige Balance zu finden“. Als Hersteller wolle man freilich jedes Risiko ausschließen.

Was für alle Li-Io-Akkus gelte, egal, ob als Energiespeicher im Auto oder in Smartphone und Laptop, ist ihr Funktionsprinzip mit einer elektrischen Reaktion zwischen Kathode und Anode, wobei der treibende Kostenfaktor die Zusammensetzung des Pluspols (Kathode) aus Nickel, Mangan und Kobalt ist. Die Anode besteht neben Lithium, Elektrolyten und Separator aus dem teuren Graphit, von dem pro Batterie vier- bis zehnmal so viel gebraucht wird wie von Lithium. Alles Rohstoffe, über die man in Europa nicht verfügt, weshalb man auf einen Sekundärkreislauf angewiesen wäre. Akku-Recycling im nennenswerten Ausmaß sieht Hintennach „acht bis zehn Jahre“ entfernt. Problematisch an der heutigen Batterie-Entsorgung ist das Verbrennen von Graphit, bei dem neben Schadstoffen große Mengen CO2 freigesetzt werden. Festkörperbatterien (All Solid State Battery, ASSB) arbeiten im Prinzip gleich, aber ohne flüssiges Elektrolyt, was die Bauweise vereinfachen, vor allem leichtgewichtiger machen würde. Das „Housing“ könnte etwa in Kunststoff ausgeführt sein. Nachteil: ASSB erlauben kein Schnellladen, weshalb Mercedes mit einem Einsatz in Bussen experimentiert. Mit einem Durchbruch in der Forschung rechnet Hintennach bei ASSB in „fünf Jahren“, dann bräuchte es „ein paar Jahre“ für Aufschlüsse über die „Lebensdauer im Gebrauch, über den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs“.

Jeweils zehn Jahre für einen Durchbruch in der Forschung attestiert der Professor dem Einsatz von Batterietechnologie auf Basis Lithium-Schwefel und Lithium-Luft, was beides eine höhere Energiedichte bringen soll.

Mate Rimac, weltweit anerkannter Guru des High-Performance-Elektroautos, an dessen Unternehmen Porsche und Hyundai beteiligt sind, hat indes seinen eigenen Blick auf das Thema: „Seit 2007/2008 hat sich bei den Batteriezellen absolut nichts geändert. Nichts. Nur die Preise gingen runter. Ich lese und höre seit 12 Jahren die gleichen Dinge, ständig ist eine neue Batterietechnik unterwegs. Ich sage darauf immer das Gleiche: Das wird nicht passieren. Das Batteriesystem hat sich enorm verbessert, aber nicht die Zelle selbst.“

Kein Grund freilich für Mate Rimac, nicht weiterhin auf elektrischen Antrieb zu setzen. Auf die Frage, wann er damit rechnet, dass sich die Dinge bei den Zellen ändern: „Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem es sich nicht ändern muss. Du kannst ein brauchbares Elektroauto bauen, das eine anständige Leistung und Reichweite hat, und das zu einem vernünftigen Preis. Der Wendepunkt, an dem es Sinn ergibt, ein Elektroauto zu bauen, ist erreicht."

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.04.2020)

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