Premier League

Englands Spitzenfußballer wollen nicht auf Gehalt verzichten

SOCCER - UEFA EURO 2016, ENG vs WAL
SOCCER - UEFA EURO 2016, ENG vs WAL(c) GEPA pictures/ Christian Walgram
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Die Premier-League-Profis lehnen es ab, dass ihre Gehälter wegen der Coronakrise gekürzt werden. Dadurch würden auch Steuern wegfallen, begründen sie. Für Wayne Rooney ist die Debatte "eine Schande".

In einigen großen Ligen, darunter Deutschland, Spanien und Italien, haben die Spieler temporären Lohneinbußen bereits zugestimmt. In der österreichischen Bundesliga haben alle Clubs außer Meister Salzburg und Tabellenführer LASK Kurzarbeit angemeldet. Allerdings verzichten auch die Profis der beiden Spitzenclubs auf Teile ihres Gehalts.

In England dagegen ist eine öffentliche Debatte entstanden. Die Profis der Premier League, der finanzkräftigsten Fußball-Liga der Welt, lehnten am Samstag einen vorgeschlagenen kollektiven Gehaltsverzicht von 30 Prozent ab. Die Spielergewerkschaft PFA begründete die Haltung damit, dass der englischen Regierung mit einem solchen Schritt rund 200 Millionen Pfund (227 Millionen Euro) über einen Zeitraum von zwölf Monaten an Steuergeldern verloren gingen.

"Würde auf Kosten unseres Gesundheitsdienstes gehen"

"Das würde auf Kosten unseres nationalen Gesundheitsdienstes NHS oder anderen staatlich-unterstützten Diensten gehen", teilte die PFA in einem Statement mit.

Die Premier-League-Clubs waren am Freitag überein gekommen, die Spieler um einen Gehaltsverzicht von 30 Prozent zu bitten. Sollte die Saison nicht beendet werden können, müsste die Liga womöglich 762 Millionen Pfund (866 Millionen Euro) an die TV-Rechteinhaber zurücküberweisen. "Die Spieler sind sich bewusst, dass die kombinierte Steuer auf ihre Gehälter einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung wesentlicher öffentlicher Dienstleistungen leistet - die derzeit besonders wichtig sind", hieß es in der Stellungnahme der PFA weiter. Es seien weitere Details für einen solchen Schritt nötig. Die PFA monierte zudem, dass die 20-Millionen-Pfund-Spende seitens der Liga an die NHS höher sein könnte.

Die PFA-Haltung rief entsprechend Kritik hervor. Oliver Dowden, Staatssekretär für Digitales, Kultur, Medien und Sport, schrieb auf Twitter, dass die Leute in Krisenzeiten "keine Kämpfe innerhalb unseres Nationalsports" sehen wollen. "Der Fußball muss seinen Teil dazu beitragen, dass der Sport versteht, welchem Druck seine schlechter bezahlten Mitarbeiter, Gemeinschaften und Fans ausgesetzt sind."

Christian Fuchs wirbt um Verständnis

Der frühere ÖFB-Teamkapitän Christian Fuchs, seit 2015 in England tätig, hat in der Debatte auch um Verständnis geworben. "Man muss das mit zwei Augen sehen", erklärte der 33-Jährige in Diensten von Leicester City in der ORF-Sendung "Sport am Sonntag". "Einerseits verstehe ich, dass man als Fußballer gutes Geld verdient", sagte Fuchs. "Auf der anderen Seite zahlen wir auch sehr viele Steuern, die auch der Regierung in der Bekämpfung von dem ganzen Problem zugutekommen." Gespräche werden weiterhin geführt. Fuchs gab sich zuversichtlich, dass es noch zu einer Einigung kommt. "Es wird sicher etwas ausgearbeitet werden."

Ob die Premier-League-Saison überhaupt fortgesetzt wird, sei derzeit völlig offen. Der Wiederaufnahme des Spielbetriebs ohne Zuschauer könnte Fuchs wenig abgewinnen, weil auch in Geisterspielen der Virus weitergegeben werden könnte. "Trotzdem sind 22 Menschen oder mehr in Kontakt. Als Spieler bist du in hautengem Kontakt mit anderen Spielern."

Dazu komme die Reisetätigkeit. "Ich würde mich aktuell sehr unwohl fühlen, wenn ich mich in ein Flugzeug setzen oder auf einen Flughafen fahren müsste", sagte Fuchs, der sich mit seiner Familie in einem Landhaus eineinhalb Autostunden außerhalb von New York abgeschottet hat. Die Situation in der vom Coronavirus besonders betroffenen US-Metropole sei "sehr beängstigend". Im Bundesstaat New York sind bisher mehr als 4100 Menschen mit oder an einer Covid-19-Erkrankung gestorben.

Rooney meint, Spieler seien "einfache Ziele"

Für Englands Ex-Internationalen Wayne Rooney ist die Art und Weise der Diskussion eine "Schande". In seiner Kolumne in der "Sunday Times" kritisierte er den Vorstoß auf den Gehaltsverzicht: Für den 34-Jährigen ist klar, dass man auch versuche, entgangenen Umsatz über diesen Umweg zu kompensieren. "Wie immer man das sieht, wir sind einfache Ziele", schrieb Rooney, der derzeit beim Zweitligisten Derby County aktiv ist. "Es ist eine No-Win-Situation."

Eventuelle Gehaltskürzungen sollten auf individueller Basis entschieden werden. "Ein Spieler könnte sagen, 'ich kann mir eine 30-prozentige Kürzung leisten', ein anderer, ich kann mir nur fünf Prozent leisten'", betonte Rooney. "Das würde mannschaftsintern wohl kaum zu Problemen führen."

FIFA will sich einschalten

Die FIFA will sich in die Diskussion einschalten. Der Fußball-Weltverband arbeitet an entsprechenden Richtlinien für Vereine und Fußball-Organisationen, um während der Unterbrechung des Spielbetriebes wegen der Pandemie Kosten sparen zu können. Das geht aus einem internen Papier hervor.

Gehaltskürzungen müssten stets "verhältnismäßig" ausfallen, steht in den vorerst internen Richtlinien, die nun beim Büro des FIFA-Rates liegen. Allfällige verbindliche Entscheidungen, etwa wie künftig mit Vertragsstreitigkeiten infolge der Pandemie umzugehen sei, müsste dieser treffen.

Die Coronavirus-Arbeitsgruppe der FIFA war vergangene Woche zusammengetreten. Eine ihrer Empfehlungen ist, Spielerverträge, die bis Juni befristet sind, bis zum tatsächlichen Ende der derzeit unterbrochenen Saisonen zu verlängern. Aus dem internen Papier geht hervor, dass die unterschiedlichen nationalen arbeitsrechtlichen Situationen in Betracht gezogen werden müssen. Große Unterschiede zwischen ähnlichen Ligen und Clubs sollten aber tunlichst vermieden werden.

Zudem forderte die Gruppe, der neben Vertretern der FIFA, seiner Mitglieds- und Kontinentalverbände, auch Abgesandte der europäischen Clubvereinigung (ECA), der Spielergewerkschaft FIFPro und des Welt-Liga-Forums angehören, Vereine, Ligen und Spieler dazu auf, "geeignete kollektive Vereinbarungen" zu treffen. Eine solche ist in England bereits zum wiederholten Mal gescheitert.

Dir Prinzipien dieser Vereinbarungen sollten laut FIFA-Vorstellung sein: "Spielern und Trainern eine Form von Gehaltszahlung zu garantieren, gerichtliche Streitigkeiten zu verhindern, Vertragsstabilität zu gewährleisten und sicherzustellen, dass Clubs nicht bankrott gehen." Gleichzeitig müssten auch die finanziellen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Vereine in Betracht gezogen werden.

Sollten Clubs und Angestellte keine Einigung erzielen und gleichzeitig auch nationale Gesetze und kollektive Vereinbarungen die Situation nicht abdecken, würden Vertragsänderungen dann akzeptiert werden, wenn sie von einer entsprechenden Kammer für "angemessen" befunden werden. Bei Zuwiderhandeln könnten den Clubs von der FIFA auch Strafen drohen.

(APA/dpa/Reuters)

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