Wer zur Risikogruppe gehört, ist juristisch nicht definiert. Ein "Schnellschuss" im Parlament sorgt seit Freitag für Verunsicherung.
Definitionsfrage

Die ungelösten Probleme der Risikogruppe

Wer der Risikogruppe angehört, kann um Dienstfreistellung ansuchen. Eine rechtliche Grundlage, wer Teil dieser ist, gibt es aber nicht. Mit dem spontanen Versuch, eine neue Regelung zu finden, warf der Nationalrat nun mehr Fragen als Antworten auf. Auch weil systemrelevante Berufe davon ausgenommen sind.

Mit dem Begriff der „Risikogruppe“ soll jener Teil der Bevölkerung eine rechtliche Bezeichnung erhalten, der besonderen Schutz vor dem Coronavirus benötigt. Landläufig gelten über 65-Jährige, Patienten mit Vorerkrankungen wie Diabetes, Lungenerkrankungen oder Krebs als Teil dieser Gruppe. Eine rechtliche Grundlage für die Definition, die auch für die Frage einer Dienstfreistlellung zentral ist, gibt es vorerst nicht. Mit der Novellierung des Sozialversicherungsgesetztes versuchte der Nationalrat am Freitag, Klarheit zu schaffen. Doch wie bereits zuvor provozierte auch diese neue Regelung vorerst mehr Fragen als Antworten. „Die Presse“ gibt einen Überblick.

1. Wer definiert, wer zur Risikogruppe gehört?

Diese Rolle soll dem jeweiligen Sozialversicherungsträger zukommen, der den Dienstnehmer (oder Lehrling) über seine Zugehörigkeit zur Covid-19-Risikogruppe informieren muss. Basieren soll diese Entscheidung auf „medizinischen Erkenntnissen“ oder „aus der Einnahme von Arzneimitteln". Dementsprechend soll etwa die verschriebene Medikation darüber entscheiden, ob man als Risikofall gilt. Ein Umstand, der in der Ärzteschaft sogleich auf Widerstand stieß, den die Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte – neben anderen Kritikpunkten – am Montag in einer Resolution [premium] artikulierte. „Was man hier total außer Acht lässt, ist, dass man meint, dass eine Diagnose allein ausreicht, um eine Person freizustellen oder nicht“, kommentiert etwa der Tiroler Ärztekammerpräsident Artur Wechselberger gegenüber der „Presse“ die Regelung.

Dabei werde „total“ auf die reale Berufssituation „vergessen“. Welches Risiko von der jeweiligen Arbeitssituation ausgehe, könne nur im direkten Gespräch zwischen Arzt und Patient eruiert werden. „Aus irgendwelchen Datenaggregaten der Sozialversicherung oder E-Medikation kann ich nie und nimmer herausfinden, ob ein individuelles Risiko besteht“, kritisiert Wechselberger. Mittlerweile wurde bekanntgegeben, dass eine Expertengruppe mit je drei Fachleuten aus Sozial- und Arbeitsministerium sowie des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger und der Ärztekammer darüber entscheiden soll. Im Einzelfall habe der behandelnde Arzt die Risikosituation zu beurteilen und müsse das „Corona-Attest“ ausstellen, wie es in einer Aussendung dazu hieß.

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