COVID-19 hält auch die Frachtwirtschaft in Atem. Besonders die Luftfracht ist derzeit nicht wirklich berechenbar. Wer dringend Ware braucht, sollte auch alternative Wege gehen. Etwa die Schienenverbindung von China nach Europa.
Personenreisen werden unterbunden, der Warenverkehr als Rückgrat der Wirtschaft soll aber aufrechterhalten werden. Dabei wird Luftfracht überwiegend als „Belly-Freight“ im Bauch des Flugzeugs unterhalb des Passagierraums transportiert. Wenn es im globalen Handel zeitlich eng wird, ist meist Luftfracht die Alternative. Die Luftfracht reagiert auf
Konjunkturschwankungen normalerweise einige Monate früher und ist viel volatiler als die Seefracht. Aber Normalität zählt jetzt nichts, denn wir haben es hier mit einer globalen Schockwelle ohne Präzedenz zu tun.
Eines von 8.000 Teilen
Als besonders luftfrachtaffin gelten im Verhältnis zum Gewicht hochwertige Güter. Dazu gehören insbesondere Hightech-Produkte, ECommerce-Waren und im großen Maß industrielle Vorerzeugnisse und Ersatzteile. Das Fehlen von einem einzigen Vorerzeugnis von 8.000 Teilen eines Autos kann ein ganzes Fertigungsband stoppen – oder ein Wiederanlaufen der Produktion verhindern. Haben wir nicht übertrieben bei „Industrie 4.0“, bei „Just-In-Time-Delivery“ (JIT), bei der Überwälzung der Lagerhaltung auf die Transportstrecken, bei der Reduktion von Lagerbeständen? Wir werden sehen, wie man nach der COVID-19-Pandemie darüber denken wird.
Verstopfte Flughäfen als Herausforderung
China startet in seiner Produktion langsam wieder durch. Einige Fluglinien mit ihrem Hub auf dem Weg zwischen China und Europa hatten ihre Frachtflüge aufrechterhalten. Für sie ergibt sich nun das weitere Problem, dass diese Ware nicht nach Europa weiterverladen werden kann. Dorthin sind die Flüge nämlich weitgehend gestoppt worden. Verstopfte Flughäfen sind eine Herausforderung, die nicht von einem auf den anderen Tag gelöst werden kann. Das bedeutet auch lange Wartezeiten – irgendwo auf der Welt – für bereits aus China abgeflogene Ware.
Verlässliche Schienenverbindung
Aufgrund der hohen Preise rentierte es sich immer öfter, große Passagierflugzeuge nur mit schwerer Fracht zu beladen und mit leerem oder nur leicht mit Fracht beladenem bestuhltem Passagierdeck zu fliegen. Man spricht dann von „P2F“, „Passenger to Freighter“. Als erstaunlich verlässlich hat sich in den letzten Jahren auch die „Iron Silk Road“, d.h. die Schienenverbindung von China nach Europa, herausgestellt. Nur einmal gab es wirkliche Verzögerungen durch Überlastung in Weißrussland, zu denen es jetzt wieder kommen könnte.
Zusammenfassend: Die Situation am Frachtmarkt ändert sich von einer Minute auf die andere. Nichts ist wirklich berechenbar, am ehesten noch die jetzt vermehrten Charterflüge und, soweit vorhanden, direkte Linienflüge. Letztere sind aber verbunden mit der Gefahr, in einer Warteschlange oder einem „back-log“ zu landen. Wer dringend Ware braucht, scheint gut beraten zu sein, zeitmäßig eher großzügiger zu planen und wenn möglich auch alternative Wege zu gehen. Eine günstige, aber langsamere Alternative zur Luftfracht kann die „Iron Silk Road“ sein.