Gibt es auch in Österreich eine Dunkelziffer bei Toten?

The spread of the coronavirus disease (COVID-19) in Arlon
The spread of the coronavirus disease (COVID-19) in Arlon(c) REUTERS (FRANCOIS LENOIR)
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Ob Menschen an Corona sterben, ohne in die offizielle Statistik einzugehen, ist derzeit unklar. Valide Aussagen wird es erst nach Ende der Krise geben.

Datenauswertungen in der italienischen Provinz Bergamo haben ergeben, dass die Todesrate aufgrund des Coronavirus doppelt so hoch sein könnte als bisher angenommen. Ob es auch in Österreich eine solche Dunkelziffer gibt, also dass Patienten dem Coronavirus ohne ärztliche Untersuchung zu Hause erliegen und damit nicht in die offizielle Statistik eingehen, darüber kann man derzeit noch keine seriöse Auskunft geben, so ein Experte.

"Zur Zeit lassen sich noch nicht wirklich allzu valide Aussagen über Veränderungen im Sterbegeschehen in Österreich aufgrund von Covid-19 treffen", erklärte Erich Striessnig vom Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Bei den Gesamttodeszahlen würde sich bisher nicht viel zeigen. Das liege einerseits an der hierzulande bisher sehr geringen Anzahl an mit dem Virus assoziierten Todesfällen - mit Stand Dienstagfrüh starben 243 Menscehn an dem Virus.

Nur mit flächendeckenden Obduktionen feststellbar

Andererseits lasse sich aufgrund der Tatsache, dass Covid-19 größtenteils bei älteren Patienten mit Vorerkrankungen tödlich endet, nicht sagen, ob diese Menschen nicht auch ohne das Virus gestorben wären. Wenn man aber die Veränderungen in wesentlich stärker von der Pandemie betroffenen Ländern wie Italien, Spanien, Frankreich oder Großbritannien beobachte, "kann man doch schlussfolgern, dass die frühzeitig getroffenen Quarantänemaßnahmen Österreich vor Schlimmerem bewahrt haben dürften".

Man könne natürlich nicht ausschließen, dass ein Todesfall aufgrund einer bereits bestehenden Vorerkrankung mit einer Covid-19 Infektion in Zusammenhang stehe. Dazu müssten flächendeckende Obduktionen durchgeführt werden, um die genaue Todesursache zweifelsfrei festzustellen. Die derzeit vom Sozialforschungsinstitut SORA durchgeführte Zufallsstichprobe werde helfen, zumindest für die Anzahl der Erkrankten die Dunkelziffer besser abschätzen zu können. Für die Todeszahlen werde sich das aber wohl erst im Nachhinein sagen lassen, verweist Striessnig auf die monatlich exakte Erfassung der Sterbefälle in allen europäischen Ländern. "Wenn es hier eine Erhöhung über die offiziell bestätigten Covid-19 Toten hinaus gibt, dann geht dies vermutlich auf die Dunkelziffer zurück", so der Demograph.

Weniger Verkehrsunfälle

Er gibt auch zu bedenken, dass es durch die Quarantänemaßnahmen beispielsweise zu einer starken Reduktion des Straßenverkehrs gekommen sei, wodurch es auch weniger Verkehrsunfälle mit Todesfolge gebe. Das würde einen eventuellen Anstieg in den Todeszahlen aufgrund der Pandemie ebenfalls zumindest teilweise verschleiern. Dasselbe gelte auch für die verringerte Gefahr einer Ansteckung mit der gewöhnlichen Grippe. "Umso wichtiger ist es, dass der Wissenschaft möglichst bald der bestmögliche Zugang zu den vorhandenen Daten gewährt wird", so Striessnig.

(APA)

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