Quergeschrieben

Sind es die Alten noch wert, vor dem Virus geschützt zu werden?

Die Presse (Clemens Fabry)
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Covid-19 übernimmt jetzt die „Ahnlvertilgung“, die früher einmal händisch erledigt wurde. Es soll Leute geben, die das sogar für einen Fortschritt halten.

Von Felsen stürzen, in der Wildnis aussetzen, verhungern lassen, vergiften, erhängen, begraben, verbrennen, ersticken, mit Knüppeln erschlagen. Ethnologen und Historiker wissen von zahlreichen Methoden, die Menschen anwendeten, um sich ihrer Eltern zu entledigen, wenn sich deren Nutzen für die Familie und die Gesellschaft erschöpft hatte. Einen guten Überblick bietet Raimund Pousset „Senizid und Altentötung“, Heidelberg 2018. Der Untertitel des Buches lautet: „Ein überfälliger Diskurs“. Pousset weist darauf hin, dass die Tötungen bona fide erfolgten, im Bewusstsein, aus ökonomischen, meist religiös verbrämten Gründen eine traurige Pflicht zu erfüllen. Oft gingen ihnen rituelle Trinkgelage voraus, um aufkommendes Mitleid zu betäuben.

In der modernen Gesellschaft ist die „Ahnlvertilgung“ (Helmut Qualtinger) eine Straftat. Die vier „Todesengel von Lainz“, die in den 1980er-Jahren Dutzende Pflege-Insassen ermordeten, wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Unser sozialstaatlich organisiertes Gemeinwesen versorgt die Alten mit Renten und Pensionen, Senioren- und Pflegeheime entlasten die Familien.

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