Gastkommentar

Als Chef in der Krise richtig kommunizieren

Die Coronakrise ist auch eine Feuerprobe für Führungskräfte auf Vorstands- und Geschäftsführungsebene.

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Wer einen Vorstandsposten annimmt, tritt ins Rampenlicht. Auf den CEO werden Erfolge und Fehlschläge eines Unternehmens unmittelbar projiziert. Krisensituationen machen die Vorstandsvorsitzenden zu öffentlichen Hoffnungsträgernzwischen Verheißung und Schuld, die durch kommunikative Fehltritte den Schaden für ihr Unternehmen - ähnlich einer Covid-19 Verbreitungskurve – um ein X-Faches potenzieren können. Krisen strahlen aus, vor allem auf die Marke. Oder was kommt Ihnen zuerst in den Sinn, wenn Sie „Lehman“ hören?

Österreichs CEOs stehen in den kommenden Monaten vor großen kommunikativen Herausforderung. Dabei müssen sie Aktionären größtmögliche Sicherheit, Mitarbeitern Zuversicht und Kunden vollste Einsatzfähigkeit signalisieren. Zeitgleich sind sie angehalten, durch einen klugen politischen Dialog ein Tortenstück des „35 Milliarden plus Hilfspakets“ für ihre Gesellschaft zu empfehlen. All das erreicht man nicht durch Schweigen. CEOs mit der richtigen Corona-Kommunikation werden die Krise besser meistern. Die gute Nachricht ist: Eine erstklassige Krisenkommunikation erfordert eine relativ geringe Anzahl an strategischen Stellschrauben, die von der eigentlichen Krisenursache unabhängig sind. Sprich: In jeder wirtschaftlichen Ausnahmesituation – ob SARS, Finanzmarkt oder Corona – gelten die gleichen Prinzipien:

1. Betroffenheit muss Teil der Botschaft sein. Wenn eine Krise für ein Unternehmen existenzbedrohend wird, passiert dies zu 80 Prozent aufgrund von emotionalen Überaktionen (z. B. frühzeitiger Rückzug von Banken oder Aktionären). Zudem können Mitarbeiter in schwierigen Zeiten nur motiviert werden, wenn neben den reinen Fakten auch Empathie des Top-Managements und Bereitschaft zum eigenen Verzicht ausgestrahlt wird.

2. Krisenkommunikation ist Chefsache. In der Krise wird Aufmerksamkeit noch stärker als sonst auf ein Gesicht projiziert. In Corona-Zeiten ist die Kommunikation ureigenste Aufgabe des Vorsitzenden (im Unterschied zu Regierungskommunikation). Untersuchungen aus den USA zeigen, dass Top-Manager in Krisensituationen bis zu 50 Prozent ihrer Zeit in die kommunikative Steuerung des Unternehmens investieren. Dabei werden sie durch „volldigitale Communication War Rooms“ mit Evaluierungen in Echtzeit unterstützt.

3. Leadership und Transparenz sind unverzichtbar. Die Unternehmensführung muss ihre Entscheidungen in klaren Botschaften und in der richtigen Dosierung erklären. Dabei wird mit allen wesentlichen Zielgruppen ein Dialog geführt. Der CEO muss in der Krise die Unternehmenswerte verkörpern. Eine starke Positionierung des Vorsitzenden gibt der Firma zudem Sicherheit und Stabilität in schwierigen Zeiten.

Einer der die Corona-Kommunikation routiniert beherrscht ist Lufthansa-Chef Carsten Spohr. Bereits in den ersten Tagen kommunizierte er klar und verständlich mit seinen Mitarbeitern (Videobotschaft), dem Kapitalmarkt sowie der Öffentlichkeit. Ähnlich wie beim Germanwings-Absturz gelingt es ihm, neben den verständlich formulierten Fakten („wir erhalten jeden Tag mehr Stornierungen als Buchungen“) zusätzlich ein gemeinsames Anliegen zu transportieren („gemeinsam werden wir dieser Herausforderung meistern“). Dabei zeigt sich, wie sich eine gute CEO-Positionierung in der Krise auszahlt.

Kurzfristige Bullenmärkte hin oder her, die Prognosen sprechen eine klare Sprache. Wie erfolgreich werden Österreichs CEOs durch Corona-Kommunikation zur Absicherung ihrer Unternehmen beitragen?

Bernhard Nagiller (*1979) ist Kommunikationsexperte und Managing Partner von Public Interest Consultants, eine Kommunikationsberatung mit Sitz in Wien.

Bernhard Nagiller.
Bernhard Nagiller. COPYRIGHT BILL LORENZ

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2020)

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