Gastbeitrag

Warum ich Katholik bin

Peter Kufner
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Ich habe meinen spirituellen Halt schon lange gefunden, denn ich bin – zum Erstaunen vieler – praktizierender Katholik, schreibt der Unternehmer und Investor Martin Rohla in der Karwoche.

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Die Welt sortiert sich gerade – unfreiwillig – völlig neu und viele Menschen suchen nach spirituellem Halt. Ich habe ihn schon lange gefunden, denn ich bin – zum Erstaunen vieler – praktizierender Katholik. Ich darf versuchen zu erklären, warum mein spiritueller Halt die katholische Kirche ist:

Erst wenn mir jemand eine wissenschaftlich unbestrittene Antwort auf zwei Fragen geben kann, könnte ich vielleicht auch ohne den Glauben an eine höhere Macht, auch Gott genannt, auskommen. War war vor dem Urknall? Wo kommt die Liebe her?

Zur Manifestation dieses Glaubens an eine höhere Macht, ebenso wie zur generellen Lebenserleichterung, Reduktion der Angst vor dem eigenen Tod und zur Erklärung von Unerklärlichem hat sich das Menschentum über die Jahrhunderte monotheistische Religionen gefunden, im Wesentlichen das Christentum, das Judentum und den Islam. Der Islam ist mir zu beliebig interpretierbar, für das Judentum habe ich nicht die richtige Mutter, somit bleibt das Christentum auch als kulturell naheliegendste Alternative.

Die Grundpfeiler des christlichen Wertesystems sind die drei göttlichen Tugenden, Glaube, Liebe und Hoffnung. Hier ist definitiv nicht nur der Glaube an Gott gemeint, sondern der daran, dass es in der Macht des Menschen liegt, der ja von Gott einen freien Willen bekommen hat, Gutes zu tun und die Dinge zum Besseren zu wenden. Die tiefe Hoffnung darauf, dass es ihm auch gelingt. Und das Wissen darum, dass dies nur mit der Macht der Liebe gelingen kann, der Liebe zu seinen Mitmenschen und der ganzen Schöpfung.

Viel Hinwendung zu den Freuden des Lebens

Die Begriffe Glaube, Religion und Kirche werden oft durcheinandergebracht. Meine persönliche Definition ist simpel: Vom Glauben rede ich dann, wenn es um die Frage geht, ob es eben diese höhere Macht gibt, die weiß, was vor dem Urknall war und die die Liebe erfunden hat. Die maßgeblichen Religionen dazu habe ich schon aufgezählt. Meine Kirche ist die spezifische Ausprägung einer Religion, für die ich mich entscheide. Meine Wahl, was die Kirche betrifft, fiel also auf katholisch. Mir persönlich ist der Protestantismus zu schlicht, das ambivalente Verhältnis zu Freude, Lust und Unterhaltung und auch die Schmucklosigkeit der Kirchen und Feiern ist für mich wenig anziehend. Ich halte es auch für ein Missverständnis, die Protestanten wegen Frauenpriestertum und Priesterehe für weltoffener zu halten. Unter – sogar strengen – Katholiken finde ich sehr viel Hinwendung zu den Freuden des Lebens und der Grundhaltung, dass ein freudvolles Leben ganz besonders gottgefällig sei. Wir Katholiken müssen nicht aufs Jüngste Gericht warten, wo unsere guten Taten auf die eine und die schlechten auf die andre Seite der Waagschale gelegt werden. Wir haben die wunderbare Möglichkeit, uns bei den Sakramenten Eucharistie und Beichte sozusagen wieder zu resetten und es ganz und gar gereinigt von allem bisherigen Scheitern aufs Neue zu versuchen.

Was die Beichte betrifft, wird von Kritikern oft übersehen, dass diese ja nicht vor dem Priester, sondern vor Gott selbst abgelegt wird, der ganz genau weiß, ob wir unsere Fehler auch wirklich ohne Ausnahme vor ihn bringen und sie bereuen. Der die Beichte entgegennehmende Priester ist hier nur ein Mittler zu Gott, die von ihm erteilte Absolution ist ungültig, wenn wir ihm ein Schmähg'schichtl erzählt haben. Als die Beichte regelmäßig und seit vielen Jahren meist beim selben Priester Ablegender weiß ich außerdem, wie erleichternd und hilfreich es ist, sich regelmäßig konzentriert mit sich selber und all dem, was einem misslungen und auch gelungen ist, zu beschäftigen. Eine gratis Gesprächstherapie mit Absolution! Und hier liegt auch meine egoistische Begründung, warum ich ein Befürworter der Ehelosigkeit von Priestern bin. Ich will in meinem Beichtgespräch gar kein Gegenüber haben, der sich im gleichen Lebenssystem wie ich aufhält und fast schon gezwungenermaßen das ihm in der Beichte Anvertraute mit seinen eigenen Erfahrungen vergleicht. Ich will den Blick von außen.

Die Messe! Die Musik! Die Bauwerke!

Auch der regelmäßige Gang in die Sonntagsmesse kann losgelöst von Kindertraumata oder von Bigotterie gesehen werden. Was für ein Angebot hier die Kirche weltweit und gratis zur Verfügung stellt! Ich habe mir überall auf der Welt immer eine Kirche gefunden, in der ich dem gleichen und wohlvertrauten Ritus folgen und zu mir selber finden konnte. Die Eucharistie, der Zauber der Verwandlung eines Schluckes Weins und eines Stückl Brots in das Blut und den Leib Jesu Christi ist von einer im wahrsten Sinne des Wortes unglaublichen Spiritualität. Und wir Katholiken glauben tatsächlich daran, dass es nach der vom Priester gesprochenen Zauberformel „Dies ist mein Leib“ sich wirklich um den Leib Jesu Christi handelt, den wir dann fast kannibalisch verzehren. Was für eine ungeheure Anmaßung, von rational denkenden Menschen zu verlangen, an ein solches Zauberwerk zu glauben. Gerade in Zeiten, wo alles von Logik und rationaler Berechnung dominiert ist, ist es einfach auch eine große Erleichterung, an die Wandlung eines Stück Brotes in den Leib Jesu Christi zu glauben. Einfach nur, weil man es glauben will.

Und dann all diese wunderbaren Bau- und Kunstwerke, die über Jahrhunderte in Name und Auftrag der Kirche erschaffen wurden (aus welchen Gründen immer) und von ihr instand gehalten werden. Und die Musik! Die uns in und außerhalb von Messen begegnet. Mozarts Requiem, die Messen von Verdi und Brahms, die Deutsche Messe von Schubert, mit dem wunderbaren, so freudvollen „Herr, Du hast mein Fleh`n vernommen.“ zum Schluss. Das „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ von Bach. Wo man abgesehen von der schönen Melodie plötzlich so radikalkommunistische Stellen findet wie: „Es sind ja Gott sehr leichte Sachen, und ist dem Höchsten alles gleich, den Reichen klein und arm zu machen, den Armen aber groß und reich, Gott ist der rechte Wundermann, der bald erhöhen, bald stürzen kann“.

Martin Rohla

Es ist überflüssig auch nur ein Wort der Rechtfertigung oder Entschuldigung für die grauenhaften Missbrauchsfälle verlieren zu wollen, die unter dem Dach der Kirche begangen worden sind. Nur wurden diese Verbrechen nicht von Gottesglauben, Religion oder Kirchen selbst begangen, sondern leider von Menschen im Dienst ihrer Kirche. Dafür muss man alle Täter und diejenigen, die vertuschen wollen, ihrer gerechten Strafe zuführen, sollte aber nicht den Fehler machen, von dem einen auf alle anderen zu schließen. Mir sind viele ganz großartige Priester bekannt, die mit einer unglaublich offenen Art und Weise mit all diesen Problemen der Kirche umgehen. Über den aktuellen Papst eine Lobeshymne anzustimmen hieße Eulen nach Athen tragen. Die katholische Kirche bewegt sich momentan in einem für ihre Verhältnisse erstaunlichen Tempo in die richtige Richtung; – dies sollten ihr auch die größten Kritiker der Fairness halber zugestehen.

Ich möchte abschließend an die Kernbotschaft des „Jedermann“ erinnern – die der Barmherzigkeit Gottes. Es reicht ein nur einmal leise ausgesprochenes oder laut gedachtes „Ich glaube“ und man kann sich der Aufnahme ins Himmelreich sicher sein. Hier braucht es keinen rationalen Gottesbeweis wie die berühmte „Pascalsche Wette“, um dieses wunderbare Angebot der Freude und Erlösung anzunehmen. Man muss nur glauben wollen...

Den vollständigen Artikel können Sie hier lesen:  www.stadtfluchtbergmuehle.at/warum-ich-katholik-bin/

Der Autor

Mag. Martin Rohla (*1963) ist Gründer und Geschäftsführer der Goodshares Beteiligungs- und Beratungs GbmH. Mit seiner Beteiligung haben es Unternehmen wie Saint Charles Apotheke, Swing Kitchen, Habibi & Hawara, Fair Finance, Weitsicht Cobenzl, Stadtflucht Bergmühle, Landlust Immobilien, Ackerhelden und andere zu Erfolg gebracht. Nachdem er schon 2007 Finalist beim ”Entrepreneur of the Year” von EY im Bereich “Start Up” war, hat er die Auszeichnung 2019 im Bereich ”Social Entrepreneurship” gewonnen. Seit 2016 ist Rohla Partner des ”European Angels Fund” der Europäischen Kommission und seit 2018 auch Investorenjuror bei der Start-up Sendung „2 Minuten 2 Millionen“ auf Puls4. Rohla ist verheiratet und hat 3 Kinder.

Martin Rohla.
Martin Rohla. Tim Dornaus/www.epilogy.photography 90iesClub am Samstag, 09. Februar Unsere nächsten Partys: www.facebook.com/events/2139486859714459

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2020)

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