Temporäre Öffnung

Wien öffnet Straßen für Fußgänger

Die Presse/Fabry
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Das Thema sorgte in den vergangenen Tagen für Zwist in der rot-grünen Stadtregierung. Nun hat man sich doch geeinigt. Vier Straßen werden in Wien schon am Wochenende temporäre Begegnungszonen.

Sollen einzelne Wiener Straßen in Corona-Zeiten für Fußgänger und Radler geöffnet werden? Über den Vorstoß der Wiener Grünen war man beim roten Koalitionspartner in den vergangenen Tagen alles andere als glücklich. Das Thema wuchs zu einem veritablen Streit in der Wiener Stadtregierung heran. Nun kam es doch zu einer Einigung.

„Wir werden die ersten neuen temporären Begegnungszonen eröffnen," verkündete Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (Grüne) am Donnerstagvormittag bei einer Pressekonferenz im Rathaus. Schon am Wochenende werden vier Straßen geöffnet: Die Rechte Bahngasse in Wien-Landstraße, die Florianigasse in der Josefstadt, die Hasnerstraße im 16. Bezirk und die Schopenhauerstraße im 18. Bezirk. Weitere fünf Straßen sollen nächste Woche folgen - in den Bezirken Leopoldstadt, der Wieden, Margareten, Neubau und Favoriten.

Analog zu schon bestehenden Begegnungszonen werden die Straßen für Fußgänger und Radfahrer geöffnet, Autos können mit 20 km/h weiter durchfahren. Auch das Queren der Straßen ist für Autos erlaubt, Parkplätze sollen damit nicht verloren gehen. Die Zonen sollen zunächst bis Anfang Mai befristet gelten, und dann evaluiert werden. Eine ein- oder zweimonatige Verlängerung sei möglich.

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), ebenfalls bei der Pressekonferenz, hatte bisher das Vorhaben "nicht dezidiert abgelehnt", aber eine genaue Prüfung des Vorhabens verlangt. Die Straßenöffnung würde die Maßnahmen der Regierung nicht konterkarieren, meinte Ludwig, und die Bevölkerung nach draußen locken. Die Wiener würden sich "sehr diszipliniert" an die Bestimmungen der Bundesregierung halten. Bilder, etwa von einer vollen Hauptallee im Prater, würden die Realität oft verzerren, so Ludwig.

Keine Ring-Öffnung

Hebein ergänzte: Mit den Straßenöffnungen "unterstützen wir die Bundesvorgaben. Es ist dezidiert erlaubt, frische Luft zu schnappen." Je mehr Platz den Menschen zur Verfügung stehe, desto eher könne der Ein-Meter-Abstand eingehalten werden. Die Ringstraße freizugeben sei für Hebein derzeit kein Thema. „Die Priorität war, in dicht verbauten Gegenden Straßen zu öffnen“ - und nicht dort, wo ohnehin viele Parks zur Verfügung stehen.

Hebein kündigte außerdem an, dass auf 20 bereits jetzt für den Autoverkehr gesperrten Straße künftig das Gehen ausdrücklich erlaubt. Dafür werden entsprechende Zusatzschilder montiert. Möglich macht dies eine kürzlich von Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne) auf den Weg gebrachte Novelle der Straßenverkehrsordnung. Beispiele für diese sogenannten „Fußgängerstraßen" sind etwa die Habsburgergasse in der Innenstadt oder die Gallizinstraße in Ottakring. "Diese Straßen sind jetzt schon für den Verkehr gesperrt, wir erlauben nur das Gehen darauf. Wir sperren keine einzige weitere Straße", betonte Hebein.

FPÖ nicht begeistert

Offenbar wurden schon im Vorfeld die Wiener Bezirke informiert, welche Straßen dem Rathaus zufolge infrage kommen könnten. In einer Aussendung machte die Döblinger FPÖ bereits vor der Pressekonferenz ihre Ablehnung kund: „Die Pläne sind an Absurdität nicht zu überbieten.“ So wären in Döbling etwa  „die Bellevuestraße, der Grinzinger Steig und die Starkfriedgasse" betroffen, teilte Bezirksparteichef Klemens Resch mit. Auch die Bezirks-FPÖ in der Josefstadt lehnt sich dagegen auf, dass die Florianigasse gesperrt werden soll.

Raumplaner befürworten Öffnung

Für die Öffnung von Straßen haben sich hingegen Forscher der TU ausgesprochen. Die Raumplaner Aggelos Soteropoulos und Robert Kalasek in einer Studie die Straßenkarte der Bundeshauptstadt unter die Lupe genommen. Mit dem Fazit: "In fast allen Bezirken gibt es kritische Punkte, an denen schmale Gehsteige und ein hoher Anteil der Altersgruppe 65 plus zusammentreffen", hieß es am Donnerstag in einer Aussendung.

Solche Gebiete fänden sich sowohl in den Innenbezirken wie Landstraße oder Margareten als auch in den Außenbezirken wie Währing oder Donaustadt. "Besonders dort könnte eine Öffnung für Fußgängerinnen und Fußgänger helfen, den Sicherheitsabstand leichter einzuhalten und letztlich die Risikogruppe zu schützen", meinen die TU-Raumplaner.

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