Serie

„The Unicorn“: Ein Witwer auf Freiersfüßen

Die Teenager-Tochter (Makenzie Moss) unterstützt ihren Vater (Walter Goggins) – meistens.
Die Teenager-Tochter (Makenzie Moss) unterstützt ihren Vater (Walter Goggins) – meistens.(c) Sky
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Klingt schwer, fühlt sich aber leicht an: In „The Unicorn“ müssen ein Mann und seine beiden Töchter einen Weg aus der Trauer finden. Zu sehen auf Sky.

Eine Selbsthilfegruppe für Hinterbliebene also: Sie soll, das ist jedenfalls der Plan der besten Freunde, dem verwitweten Wade mit seinem Wutproblem helfen. Sie haben sich genau überlegt, wie sie ihm das beibringen wollen, nach einem Fußballspiel der Kinder schießt also Ben ganz, ganz zufällig den Ball in Wades Richtung, und erwähnt dann ganz, ganz beiläufig. . . Aber das klappt natürlich nicht. Ben ist nicht der Typ für solch manipulative Schauspielerei, und auch sonst läuft alles anders als gedacht. Die Selbsthilfegruppe erweist sich erstens als reine Frauenrunde – Männer sterben halt früher – , es wird dort zweitens eine Menge gesoffen, und weil man nicht immer nur traurig sein kann, tauschen die Witwen drittens untereinander handfeste Sextipps aus. Wovon dann auch Wades Freundesrunde profitiert. Naja, nicht alle.

Übrigens habe er kein Wutproblem, sondern einfach nur eine Riesen-Wut, und zwar zurecht – sagt die Selbsthilfegruppe.

„The Unicorn“ ist eine Serie über Verlust und Trauer, die nur ein bisschen traurig ist, dafür nachdenklich, ziemlich süß (diese Teenager-Töchter!), unvoreingenommen und überraschend komisch. Was auch möglich ist, weil seit dem Tod der geliebten Jill einige Zeit verstrichen ist – konkret so viele Tage, wie die kleine Familie brauchte, um die schier unendlich scheinenden Vorräte an hausgemachter Tiefkühlkost zu vertilgen, die Freunde und Nachbarschaft für sie angelegt hatten. Freunde, die nicht nur kochen und Adressen von Selbsthilfegruppen auftreiben, sondern den Witwer auch überreden, ein Profil auf einer Dating-Website anzulegen. Woraufhin sich Wade vor Anfragen nicht mehr retten kann. Daher hat die Serie auch ihren Namen: The Unicorn. Ein Mann auf einer Dating-Plattform, der weder verheiratet, frisch geschieden, ewiger Single noch irgendwie verkorkst ist, das ist die große Ausnahme. Fast ein Wunder.

Linkischer Walton Goggins

Walton Goggins spielt diesen Wade sehr liebenswert, ein bisschen linkisch und mit leider allzu sehr gebleichten Zähnen. Ihm zur Seite stehen Michaela Watkins, Omar Benson Miller, Maya Lynne Robinson und Rob Coddry als treue, immer wieder übergriffige, dabei aber stets von echter Sorge angetriebene Freunde. Das alles ist nett, sehr nett, in anderen Zeiten würde man vielleicht sagen: ein bisschen zu nett. Aber zumindest jetzt  lässt man sich gerne auf das Sitcom-ähnliche Setting ein, das da wäre: eine Welt, in der jeder seine Schrullen hat, aber so geliebt wird, wie er ist. In der man für den anderen da ist. In der Teenager und ihre Eltern einander nach einem kurzen Streit verlässlich in die Arme sinken. Und Freunde wirklich Freunde sind, für immer.

Bill Martin und Mike Schiff, die das Drehbuch geschrieben haben, lassen genug Raum für kleine Szenen, die aus dem Leben gegriffen scheinen – etwa wenn der kleine Bub, der neben dem Grill steht, sich „seinen“ Hamburger aussucht und darüber wacht, dass ihm den ja keiner wegschnappt. Auch deshalb lautet das Fazit: herzergreifend.

The Unicorn, auf Sky. Mit Walton Goggins, Omar Benson Miller und Michaela Watkins. Die erste Staffel hat 18 Folgen à 20 Minuten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2020)

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