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Reisekrise, Teil drei

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Wem begegnen wir in Zukunft seltener? Abgesang auf zwei Reisetypen.

Businessreisender, ich erinnere mich sehr genau an dich. Ich traf dich einst in Airbussen und auf Airports. Du stopftest fette Samsonite-Koffer in die Gepäckfächer, wodurch herkömmlichen Passagieren kaum Platz für ihre dünnen Taschen blieb. Dein Bildschirm stand grundsätzlich aufgeklappt. Wer hinsah, dessen Blick streifte deine hochphilosophische Powerpoint- oder Keynote-Präsentation. Wenn du telefoniertest, sonderte deine rechtschaffene Stimme einzigartige Satzfetzen ab: Du wolltest „das Kundenzuwachskonzept challengen, aber auf Augenhöhe“, du fordertest „für die Roadmap zeitnahes Commitment“.
Seit Corona sitzen du und dein Bildschirm daheim. Oben trägst du Hemd und Krawatte wie einst, unterhalb des Gürtels längst Jogginghose – deine neue Work-Life-Balance. Du beteiligst dich inzwischen an einem breit angelegten Menschenversuch zur Beweisbarkeit der technischen Machbarkeit von Video­konferenzen. So bald schickt dich dein Arbeitsgeber nicht mehr nach London, Madrid und Vilnius. Unterwegs, Businessreisender, mochte ich dich nie besonders. Doch abgehen wirst du mir!


Kreuzfahrtpärchen, ich erinnere mich sehr genau an dich. Ich traf dich einst  in Fußgängerzonen, du trugst Cityrucksack, Kurzhosen, Sonnenbrille. Mit erloschenen Augen zogst du vorbei. Im Umfeld von Sehenswürdigkeiten blockiertest du den Weg an genau jenen Stellen, wo andere durchschreiten wollten. In den Lokalen konsumiertest du ausschließlich Getränke, eure Reederei versorgte dich ja mit Mahlzeiten. Den lokalen Einzelhandel zerstörend, überflutetest du die Stadtkerne und kauftest Gegenstände wie Kühlschrankmagneten, T-Shirts mit Sinnsprüchen oder Ethnoschmuckmüll. Die Schiffe, auf die du dich nachts zurückzogst, ­zerstörten wiederum die Lagunen und Meere. Durch Corona wurdest du mit deinem Cityrucksack repatriiert. Aufgrund privater Umsatzeinbußen wirst du Kühlschrankmagneten zukünftig nur online kaufen. Heute bewegst du dich hin und her zwischen Speisekamerun, Indoornesien und Fluruquay. Unterwegs, Kreuzfahrtpärchen, mochte ich dich nie besonders. Doch abgehen wirst du mir!

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