Mein Dienstag

Mit Masken

An die Masken werden wir uns gewöhnen müssen.
An die Masken werden wir uns gewöhnen müssen.APA/HELMUT FOHRINGER
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Vor wenigen Jahren, in Japan, haben mich neben der rigorosen Disziplin der Einwohner zwei weitere Dinge endlos fasziniert.

Erstens: Wie schaffen es die Menschen, die glatt-nassen Udon-Nudeln zwischen den Stäbchen zu halten, weil ich habe es oft probiert und es war insgesamt nicht schön, und zweitens: Was hat es mit diesem Mundschutz auf sich? Der Reiseleiter erzählte uns, dass die Leute einfach achtsam seien, dass sie vielleicht an einer Erkältung laborierten und andere nicht anstecken wollten, oder dass Gesunde aus Angst vor all den Keimen grundsätzlich nicht ohne Maske außer Haus gingen. Mir kam das logisch und gleichzeitig komisch vor; als uns an einer Sehenswürdigkeit Mundschutzmasken angeboten wurden, lehnten wir dankend ab, ohne viel darüber nachzudenken. Für uns blieb es eine Skurrilität. Heute ist freilich schon wieder alles anders. Heute erfahren wir, was den Japanern und Bewohnern anderer asiatischer Länder tief in den Knochen sitzt: Die schmerzhafte Erfahrung mit diversen Epidemien und Pandemien. Von meiner Japan-Reise habe ich jedenfalls neben einem Kimono und mehreren Packungen Udon-Nudeln (ich gebe nicht auf) eine Maske mit nach Hause genommen, als eigentümliches Souvenir, aber sie lag jahrelang schlapp im Bücherregal herum, bis ich sie letzten Herbst weggeschmissen habe. Na ja.

Eine neu erworbene Atemschutzmaske führe ich kürzlich erstmals in Wien aus. Ich gehe damit zum Marktstand und brülle dem Standler zu, was ich möchte, weil ich automatisch glaube, dass er mich durch das Textil nicht hört. Er brüllt zurück, was gerade im Angebot ist, und so führen wir gemeinsam meinen ersten Einkauf mit Lärmbelästigung durch. Auf dem Rückweg sehe ich zwei Männer, die sich wirklich anschreien und wüst beleidigen, es hört sich an wie die Vorstufe zu einer Rauferei. Dazu wird es aber nicht kommen, denn sie stehen mit Sicherheitsabstand voneinander entfernt, und sie tragen beide bunte Masken, sie sehen aus, als probten sie ein Slapstick-Sketch. Auf der Straße muss nicht nur ich ob dieser Szene leicht grinsen, denn ein Grinsen erkennt man über den Mundschutz hinaus.

E-Mails an: duygu.oezkan@diepresse.com

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