EU-Vergleich

Reifeprüfung in allen Varianten

Auch in Deutschland werden die Abschlussprüfungen im Mai stattfinden
Auch in Deutschland werden die Abschlussprüfungen im Mai stattfindenimago images/Ulmer
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Während die EU-Mitglieder im Zuge der Coronakrise punkto Schulschließungen und E-Learning ähnlich vorgehen (mit Ausnahme Schwedens), gibt es bei der Matura teils deutliche Unterschiede.

Brüssel. Die Erkenntnis, dass virtuelle Arbeitstreffen straffer strukturiert werden müssen als „analoge“ Besprechungen, ist auch in Brüssel angekommen. Seit dem Ausbruch der Coronakrise werden die Treffen der EU-Minister digital abgehalten – und der kroatische Ratsvorsitz bereitet im Vorfeld der Tele-Ratstreffen einen Fragenkatalog für die jeweiligen Ressortchefs vor. Bei der Telekonferenz der EU-Bildungsminister am Dienstag lagen drei Fragen auf dem Tisch: Erstens: wie läuft es mit dem E-Learning? Zweitens: wie werden Noten in Zeiten von Corona vergeben? Und drittens: welche Hilfe wird von der EU gewünscht?

Nachdem Bildungspolitik Sache der Unionsmitglieder ist, handeln die Bildungsminister prinzipiell ohne Absprache mit Brüssel. Nichtsdestotrotz sind die Maßnahmen relativ ähnlich. Die Schulen sind geschlossen, der Unterricht findet per Computer statt, Lehrer interagieren per Internet mit ihren Klassen. Ausnahme ist Schweden, wo die Regierung das öffentliche Leben weniger stark zurückgefahren hat: Der Unterricht in den schwedischen Volksschulen und Unterstufen findet nach wie vor statt.

Nur schriftlich – oder nur mündlich?

Österreich liegt mit seinen Maßnahmen im EU-Mainstream – außer bei der Matura. Die wird nämlich in weiten Teilen der Europäischen Union teils deutlich abgeändert stattfinden, während sie hierzulande (wie auch in Deutschland) zumindest schriftlich wie gewohnt im Mai stattfinden soll. Die Schwankungsbreite ist allerdings groß: Während in Slowenien die Matura ebenfalls von Anfang auf Ende Mai verlegt wurde, kippte Frankreich (ebenso wie die Regierung in der Slowakei) den schriftlichen Teil der Reifeprüfung und verschob den mündlichen Teil auf den Beginn des Sommers. In Rumänien wiederum hat das Bildungsressort noch nicht entschieden, ob die Matura später bzw. in welchem Umfang (ob mit oder ohne den Stoff des durch die Corona-Sperren betroffenen Semesters) stattfinden wird. In Malta erwägt man eine Streckung der Matura-Frist bis zum Dezember. Und in Italien, wo die Matura in der Verfassung als Staatsexamen klassifiziert ist, erhielt der Bildungsminister per Dekret das Pouvoir, die Reifeprüfungen – abhängig vom Erfolg bei der Bekämpfung der Seuche – an die gesundheitlichen Gegebenheiten anzupassen.

Unterschiede gibt es übrigens auch beim Hochfahren des Schulsystems – während in Dänemark der Unterricht langsam wieder beginnt, bleiben die Schulen in Italien auf unbestimmte Zeit geschlossen. Jenen Mitgliedsstaaten, die langsam zur Normalität übergehen wollen, ist allerdings eines gemein: die Bildungsanstalten werden gestaffelt geöffnet, es gibt keinen „Big Bang“. In der EU-Kommission wird währenddessen an einem Leitfaden gearbeitet. Die für Bildung zuständige Kommissarin, Mariya Gabriel, will im Juni einen Aktionsplan vorlegen. Ziel sei es, digitale Kompetenzen und Kapazitäten zu stärken.

Österreich wies beim Ratstreffen auf soziale Ungleichheiten hin, die im Zuge der Coronakrise an die Oberfläche treten. Das betrifft einerseits die Verfügbarkeit von PCs, andererseits die Präsenz beim Online-Unterricht. So konnten rund sechs Prozent der heimischen Schüler zuletzt gar nicht erreicht werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2020)

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