Bis die Verfassungsrichter die strittigen Corona-Regeln überprüfen könnten, werde es diese Vorschriften ohnedies nicht mehr geben, sagt Kanzler Kurz. Aber warum ist das so?
Unklar formulierte Freiheitsbeschränkungen für die Bürger oder mögliche Amtshaftungsklagen von Unternehmen, weil nur kleine Geschäfte öffnen dürfen: Die Kritik von Juristen an den Rechtsakten der Regierung wächst. Den Kanzler beunruhigt das nicht. „Das Wichtigste ist, dass wir gehandelt haben und dass es funktioniert“, erklärte Sebastian Kurz am Dienstag bei einer Pressekonferenz der Regierung. Am Ende müsse der Verfassungsgerichtshof (VfGH) entscheiden. Nur bis dahin würden die Regeln ohnedies nicht mehr in Kraft sein, betonte Kurz. Aber warum ist das so, und könnte der VfGH auch früher entscheiden?
Die von Kurz angewandte Taktik ist in der Politik nicht ganz neu, sie so offen auszusprechen, aber schon. Es dauert, bis Gesetze oder Verordnungen gerichtlich überprüft werden. Und solange gelten sie, auch wenn sie rechtswidrig sind. Das entspreche dem Gedanken der Gewaltenteilung, sagt Karl Stöger, Professor für Verfassungsrecht an der Universität Graz. „Damit bleibt die Regierung handlungsfähig. Und wenn sie über die Stränge schlägt, dann wird ihr nachher die Rechnung präsentiert.“ Die Zeitverzögerung gebe überdies den Höchstrichtern die Möglichkeit, die Fragen genau zu prüfen, meint der Professor im Gespräch mit der „Presse“.