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Donald Trump stoppt Zahlungen an die WHO

Die USA sind einer der größten Beitragszahler der WHO.
Die USA sind einer der größten Beitragszahler der WHO. REUTERS
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Der US-Präsident setzte zum Ablenkungsmanöver an und will der „mitverantwortlichen“ WHO keinen Cent mehr überweisen. Das führt zu Kritik auf der ganzen Welt. Das österreichische Außenministerium will sich dazu aber nicht äußern.

Mitten in der Coronavirus-Pandemie legt US-Präsident Donald Trump die Beitragszahlungen für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf Eis. Trump machte die Organisation für die Vielzahl an Toten in seinem Land mitverantwortlich. Durch das Missmanagement der WHO und deren Vertrauen auf Angaben aus China habe sich die Epidemie dramatisch verschlimmert und rund um die Welt verbreitet, sagte Trump im Rosengarten des Weißen Hauses. Seine Regierung werde in den kommenden 60 bis 90 Tagen prüfen, welche Rolle die WHO bei der "schlechten Handhabung und Vertuschung der Ausbreitung des Coronavirus" gespielt habe. So lange würden die Zahlungen ausgesetzt.

Kritiker sehen in dem Schritt allerdings eher Trumps Versuch, von seinen eigenen Fehlern im Umgang mit der Coronakrise abzulenken. Der US-Präsident hatte die Gefährlichkeit des Virus lange Zeit heruntergespielt. Noch bis Anfang März beteuerte Trump, das Virus sei für die USA kein Grund zur Sorge, und erklärte: "Wir haben eine ungeheure Kontrolle darüber.“ Inzwischen sind die USA das weltweite Zentrum der Corona-Pandemie. Am Dienstag meldete die Johns-Hopkins-Universität einen Rekordanstieg um mehr als 2200 Todesfällen binnen 24 Stunden. Landesweit starben inzwischen mehr als 25.700 Menschen an den Folgen einer Coronavirus-Infektion. Mehr als 605.000 Menschen sind infiziert. Trotzdem hält Trump eine baldige Rückkehr zur Normalität in Teilen des Landes für möglich: Weniger dicht besiedelte US-Staaten könnten "vor Ende des Monats" den Stillstand beenden.

WHO lange gegen Reisebeschränkungen

In seiner Pressekonferenz setzte Trump zu seiner Tirade gegen die WHO an: Es sei „eine der gefährlichsten und kostspieligsten Entscheidungen" der WHO gewesen, „sich gegen Reisebeschränkungen aus China und anderen Ländern auszusprechen", sagte er. "Zum Glück war ich nicht überzeugt und setzte Reisen von China aus und habe damit unzählige Leben gerettet. Tausende und Abertausende Menschen wären gestorben." Ende Jänner verhängten die USA ein Einreiseverbot für ausländische Reisende aus China. Andere Länder hätten die Empfehlungen der WHO dagegen befolgt und damit "die Pandemie auf der ganzen Welt beschleunigt", behauptete Trump. "Die Entscheidung anderer großer Länder, das Reisen offen zu halten, war eine der großen Tragödien und verpassten Chancen in der ersten Zeit." Die WHO hatte Handels- und Reisebeschränkungen in der Krise unter anderem mit Verweis auf die drohende Unterbrechung von benötigten Hilfstransporten und wegen negativer sozialer und wirtschaftlicher Auswirkungen auf betroffene Länder nicht offiziell empfohlen. Anfang März sagte WHO-Nothilfekoordinator Michael Ryan aber, notfalls könne mit drastischen Maßnahmen wie in China oder Italien - wo die Bewegungsfreiheit schon damals in stark betroffenen Regionen eingeschränkt war - zumindest die Ausbreitung der Krankheit verlangsamt werden. In diesem Zusammenhang seien Reisebeschränkungen eine vernünftige taktische Strategie. Trump erklärte, Reiseverbote funktionierten wie Quarantänen. "Pandemien hängen von der Übertragung von Mensch zu Mensch ab. Grenzkontrollen sind für die Viruskontrolle von grundlegender Bedeutung."Heftige Kritik

Trumps WHO-Boykott hat am Mittwoch international für heftige Kritik gesorgt. UNO, EU, Russland und China sowie zahlreiche weitere Staaten bedauerten den Schritt. Die türkis-grüne Bundesregierung in Wien schloss sich nicht an, sie enthielt sich eines offiziellen Kommentars.

Es gebe dazu keine Stellungnahme von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP), hieß es aus dem Außenministerium. Am vergangenen Sonntag hatte die türkis-grüne Bundesregierung mitgeteilt, dass aus dem Auslandskatastrophenfonds Gelder zur Verfügung gestellt würden, die unter anderem der WHO zur Bekämpfung von Covid-19 zugutekommen sollen.

Eine Stellungnahme zur Trump-Entscheidung gab es aber aus den Reihen des Partners der ÖVP in der Regierung, den Grünen. "Wenn die USA in der jetzigen Situation ihre Zahlungen an die WHO einstellen, dann ist das, als würde man die Feuerwehr von einem Brand abziehen", kritisiert die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic. "In Zeiten der Krise ist die internationale Kooperation gerade im Gesundheitswesen der Schlüssel zum Erfolg. Der von der Trump-Administration gesetzte Schritt ist schlicht unverantwortlich." Diese Krise sei eine globale und lasse sich daher nur weltweit und mit vereinten Kräften bekämpfen. Die WHO sei am besten geeignet, diese globale Anstrengung zu organisieren und habe bisher auch wertvolle Arbeit in der Koordination weltweiter Maßnahmen geleitet.

„Zeit für internationale Gemeinschaft"

Die EU bedauere Trumps Entscheidung zutiefst, erklärt der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell per Twitter. Es gebe keinen Grund, der diesen Schritt zu einem Zeitpunkt, da die Bemühungen der WHO nötiger seien denn je, rechtfertige. UNO-Generalsekretär António Guterres erklärte, es sei "nicht die Zeit, die Ressourcen für die Weltgesundheitsorganisation oder einer anderen humanitären Organisation im Kampf gegen das Virus zu reduzieren."Zudem hielt Guterres fest: "Jetzt ist die Zeit für die internationale Gemeinschaft gekommen, solidarisch zusammenzuarbeiten, um dieses Virus und seine niederschmetternden Folgen zu stoppen."

Russland kritisierte den Stopp als egoistisch. "Das ist der Ausdruck eines äußerst egoistischen Herangehens der amerikanischen Regierung gegenüber dem, was in der Welt im Zusammenhang mit der Pandemie geschieht", sagte Vize-Außenminister Sergej Rjabkow am Mittwoch der Staatsagentur Tass zufolge. Er rief dazu auf, "weitere Angriffe" auf die WHO zu unterlassen.

Die chinesische Regierung zeigte sich "ernsthaft besorgt". Die weltweite Lage in der Corona-Krise sei "düster", die Welt befinde sich an einem "entscheidenden" Punkt, sagte Außenministeriumssprecher Zhao Lijian am Mittwoch in Peking. In dieser Situation schwäche die Entscheidung der US-Regierung die WHO und untergrabe die internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen die Pandemie. China fordere die USA auf, "ihre Verantwortung und Verpflichtungen ernsthaft zu erfüllen" und den von der WHO angeführten internationalen Einsatz im Kampf gegen das Virus zu unterstützen, sagte Zhao. Die Weltgesundheitsorganisation sei dabei "unersetzlich".

Deutschland setzt auf Zusammenhalt in der UNO

Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wies der Finanzierung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine hohe Bedeutung zu. Es sei wichtig, die WHO ausreichend zu finanzieren, sagt ihr Sprecher Steffen Seibert. Außenminister Heiko Maas schlug ähnliche Töne an: "Eine der besten Investitionen im Kampf gegen die Pandemie ist es, die Vereinten Nationen, allen voran die unterfinanzierte Weltgesundheitsorganisation, zu stärken", sagte der SPD-Politiker. Als Beispiele nannte er die "Entwicklung und Verteilung von Tests und Impfstoffen". Es müsse bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie eine enge internationale Zusammenarbeit geben. "Gegenseitige Schuldzuweisungen helfen in der Coronakrise nicht", betonte Maas. Das Virus kenne keine Grenzen.

Neuseelands Ministerpräsidentin Jacinda Ardern sagte: "In einer Zeit wie dieser, in der wir Informationen austauschen müssen und Ratschläge benötigen, auf die wir uns verlassen können, hat die WHO dies bereitgestellt. Wir werden sie weiterhin unterstützen und weiterhin unsere Beiträge leisten". Ihr australischer Amtskollege Scott Morrisson erklärte, er sympathisiere mit Trumps Kritik an der WHO, insbesondere mit ihrer Unterstützung für die Wiedereröffnung der Märkte in China, wo frisch geschlachtete Tiere verkauft werden und wo der Ausbruch Ende 2019 erstmals in der Stadt Wuhan auftrat. "Trotzdem leistet die WHO auch als Organisation eine Menge wichtiger Arbeit, auch hier in unserer Region im Pazifik, und wir arbeiten eng mit ihnen zusammen", sagte Morrison. "Wir werden das Kind hier nicht mit dem Bade ausschütten, aber sie sind auch nicht immun gegen Kritik und immun dagegen, Dinge besser zu machen."

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