Causa Meinl: Unangenehme Post für Julius Meinl

JULIUS MEINL V. AUS VORSTAND DER MEINL BANK AUSGESCHIEDEN
JULIUS MEINL V. AUS VORSTAND DER MEINL BANK AUSGESCHIEDEN(c) APA (Roland Schlager)
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Julius Meinl V hatte immer bestritten, auf die Geschäfte der damaligen "Meinl Euopean Land" Einfluss genommen zu haben. Eine Mitarbeiterin der Meinl Bank bezeichnet ihn aber als "Ultima Ratio" der MEL.

Wien. Das Straflandesgericht Wien lässt in der Causa Meinl mit einem brisanten Beschluss aufhorchen. Das 462 Seiten umfassende Dokument wurde als Antwort auf den von den Meinl-Anwälten gestellten Antrag auf Rückerstattung der Kaution für Julius Meinl V. erstellt. Der „Presse“ liegen die entscheidenden Passagen exklusiv vor. Julius Meinl V., für den die Unschuldsvermutung gilt, hatte in der Vergangenheit bestritten, auf die Geschäfte der Immobilienfirma „Meinl European Land“ (MEL, heute Atrium) entscheidenden Einfluss genommen zu haben. Der Akt des Straflandesgerichts lässt daran Zweifel offen.


Aus den Aussagen des früheren MEL-Vertreters Rupert-Heinrich Staller geht hervor, dass Julius Meinl V. eine wesentliche Rolle in der Immobilienfirma gespielt haben dürfte. Staller gilt als Kronzeuge der Anklage. Er berief sich in seiner Aussage auf Nadine Gilles, eine Mitarbeiterin der Meinl Bank, die vorübergehend bei der MEL für die Investor Relations verantwortlich war. Gilles habe zu ihm gesagt, es würde wohl nichts ohne Julius Meinl V. gehen. „Wenn es für sie ein Problem gebe, würde sie zu ihm gehen, weil er für sie die ,Ultima Ratio‘ wäre“, habe Gilles laut Stallers Angaben gesagt.


Aus Sicht der Meinl Bank eine reichlich dünne Faktenlage. Auch Peter Weinzierl, Vorstand der Meinl Bank, wird in dem Gerichtsbeschluss zitiert. Seiner Aussage zufolge war Julius Meinl V. zwar über wesentliche Vorgänge in der MEL informiert, eine mögliche Einflussnahme des Beschuldigten habe es aber nicht gegeben. Auf Anfrage der „Presse“ bekräftigte der Bankvorstand seine Position: „Der Beschluss des Gerichts hält fest, dass es keinerlei Beweismaterial gibt, das Julius Meinl V. unmittelbar in Zusammenhang mit den Zertifikatsrückkäufen bringt.“


Den MEL-Verantwortlichen wird von Anlegeranwälten vorgeworfen, den Börsenkurs durch Rückkäufe hoch gehalten und so Inhaber der MEL-Zertifikate getäuscht zu haben. Fragwürdig sei laut Weinzierl vor allem die Rolle von Rupert-Heinrich Staller: „Er gilt als Kronzeuge, wenn es darum geht, Julius Meinl V. mit den MEL-Aktivitäten in Verbindung zu bringen. Dabei kam er (Staller, Anm.) erst an Bord, als die Zertifikatsrückkäufe längst abgeschlossen waren“, so Weinzierl zur „Presse“.

„Betrugsvorwurf löst sich in Luft auf“

Aufrecht bleibt im Beschluss des Straflandesgerichts weiters der Verdacht, dass die Meinl Bank der MEL zum Schaden der Anleger zu hohe Gebühren verrechnet habe. Die zuständige Richterin Bettina Deutenhauser bezieht sich dabei auf einen Bericht der Nationalbank. Die Verträge der Meinl Bank mit den Gesellschaften MEL sowie Meinl International Power und Meinl Airports International hätten demnach Bestimmungen enthalten, die sich „massiv zum Vorteil der Meinl Bank AG, aber nachteilig für die oben genannten Gesellschaften ausgewirkt haben sollen“. Die Meinl Bank bestreitet, dass die Gebühren zu hoch waren. Zudem seien sie offengelegt worden. Die MEL hatte angegeben, die Zertifikate zurückgekauft zu haben, um den Einstieg eines strategischen Investors zu ermöglichen. Das Gericht kommt allerdings zu dem Schluss, dass „der wahre Grund für den Zertifikaterückkauf ein anderer gewesen sein“ dürfte. Es wäre wohl wirtschaftlich sinnvoller gewesen, „zunächst einen geeigneten Investor zu suchen und danach ein Rückkaufprogramm zu starten“.

Kein Betrug, aber Untreue-Vorwurf bleibt

Den Vorwurf der Untreue hält das Gericht daher aufrecht. Der Vorwurf des Betrugs hingegen werde den Meinl-Anwälten zufolge durch das Dokument weitgehend entkräftet. „Der Verdacht auf Betrug beginnt sich in Luft aufzulösen“, sagte Meinls Anwalt Herbert Eichenseder gestern, Freitag, vor Journalisten. Das Gericht halte fest, dass keine irreführende Werbung, insbesondere mit dem Thema Mündelsicherheit und der Bezeichnung von Zertifikaten als Aktien vorliege, so die Begründung. Die Börsengänge der Gesellschaften MAI und MIP seien korrekt abgewickelt worden und eine allfällige Marktmanipulation sei kein strafrechtlich, sondern allenfalls ein verwaltungsrechtlich zu ahndender Tatbestand.


Das Straflandesgericht Wien hatte am Dienstag beschlossen, dass Julius Meinl V. die 100 Millionen Euro, die er als Kaution hinterlegt hatte, vorerst nicht zurückbekommt. Meinl war am ersten April des Vorjahres festgenommen und zwei Tage darauf nach Hinterlegung der Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Allerdings hat Julius Meinl V., der sich in Wien und London aufhält, seine Reisepässe zurückerhalten, und er muss sich nicht mehr täglich bei Gericht melden.

(Die Presse, Printausgabe, 10. 07. 2010)

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