Gegengift

Ein roter Landesfürst schützt seine Gewässer vor den Wienern

Ein roter Landesfürst schützt seine Gewässer vor den Wienern.
Ein roter Landesfürst schützt seine Gewässer vor den Wienern. REUTERS
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Hoffentlich lässt er wenigstens die übrige Fauna in Ruh.

Krisensitzung in sensiblen Kulturabteilungen des Gegengifts in Erdberg: Erst wurde dem gemischten Chor „Ursteirisches Liedgut“ von Ausseer Dorfkaisern bedeutet, bei ihnen derzeit nicht erwünscht zu sein. Nun gut, verkaufen wir eben unsere Zweitwohn-Villen an Neureiche aus China, nicht ohne sie darauf hinzuweisen, dass die Ausseer keine echten Steirer seien. Außerdem ist es im tiefen Süden an der Grenze zu Slowenien viel gemütlicher, fast toskanisch.

Dann der nächste Schlag: Unsere Gesinnungsgemeinschaft „Ora et labora“ musste feststellen, dass sie derzeit nicht einmal in Klosterneuburg geduldet wird. In den Refugien des Strombades gab es kein Trinkwasser für Wiener. Nun gut, trinken wir statt des teuren Messweins naher Stifte eben herrlichen Roten aus Burgund.
Kränkende Beschränkung hat auch unseren bescheidenen Ornithologen-Klub an diesem Wochenende ereilt: Ein strenger roter Landesfürst (Name der Redaktion bekannt) hat erlassen, dass fast alle seine Subjekte und besonders Fremde den burgenländischen Gewässern, ihren Stegen und Anlagen bei schwerster Strafandrohung bis 30. April fernzubleiben haben – außer, sie besitzen dort Seehütten oder haben im Umkreis von 15 Kilometern ihren Hauptwohnsitz. Bis auf die weitsichtigsten unter uns, die dort auf Privatbesitz ihre Gelsen-Sommer-Challenge verbringen, bleiben also 99 Prozent tagelang ausgesperrt. Wir haben nachgemessen: Eisenstädter etwa erreichen den Neusiedler See nur dann innerhalb der Zone, wenn sie die Straße via Oslip nehmen – West-Eisenstädter landen im Schilfgürtel. Und Wiener? Selbst von Oberlaa aus in der Luftlinie kämen sie legal nicht einmal bis Leithaprodersdorf.

Ehrlich gesagt stört mich das in meinem idyllischen Home-Office gar nicht. Bedenken habe ich aber wegen der Fauna am pannonischen Rand der österreichischen Natur. Was geschieht mit den Störchen? Wie jeder Burgenländer weiß, haben sie gerade erst eine beschwerliche Fernreise hinter sich. Just als hierzulande Mitte März die Quarantäne begann, landeten die ersten in Rust. Inzwischen werden an die 120 Paare im Burgenland brüten. Mehr als 15 Kilometer Anreise? Wiener gar? Nein, Afrika! Allein dieses fremde Wort müsste jeden Bürgermeister zwischen Gols und Mörbisch erschauern lassen.

Sorgen mache ich mir auch um Seeadler Felix, der 2016 in den Donauauen schlüpfte. Er brütet derzeit laut WWF mit seiner Partnerin am großen Strom in Ungarn, doch zuvor kam er viel herum, von Kroatien bis Polen. Seine liebsten Zweitwohnsitze hat er in der Lobau, an der March – und am Neusiedler See. Droht ihm dort Bußgeld? Oder wird derzeit gar jenseits der Leitha alles abgeschossen, was nicht aus Eisenstadt kommt?

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