Konflikte und Spitzeltum

Wenn Nachbarn rotsehen

Claudia Huemer versucht bei Streitigkeiten zwischen Nachbarn das gegenseitige Verständnis zu fördern.
Claudia Huemer versucht bei Streitigkeiten zwischen Nachbarn das gegenseitige Verständnis zu fördern.(c) Die Presse/Clemens Fabry
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Nicht nur helfende Hände und neue Netzwerke, auch Konflikte und Spitzeltum sind Nebenprodukte der erzwungenen Nähe in der anhaltenden Krise.

Als sie den Brief in ihrem Postkasten fand, war Emilia P. schockiert. „Nicht nur, dass meine Familie derart beleidigt wird. Dass es dann auch noch anonym passiert, finde ich wirklich feig.“ Von ihrer „rücksichtslosen Arschlochfamilie“ war in dem Brief die Rede, und warum es ihr derzeit überhaupt einfalle, mit Kindern draußen zu spielen und Lärm zu machen.

Es stimmt, sie habe mit ihrem Partner und ihren Kindern in der Wohnhausanlage Ball gespielt, sagt P. Auf einem Stück Beton – die Spielplätze sind ja gesperrt – und weit weg von anderen Familien. „Vielleicht ist der Ball ein paarmal an das Metalltor geklatscht, aber so massiv war das nicht.“ Rücksichtslos, meint P., sehe anders aus. Und was solle man sonst machen, damit die Kinder nicht die Wände hochgehen? „Ich verstehe ja, wenn manche frustriert sind, aber mittlerweile scheinen viele Menschen völlig durchzudrehen“, sagt P.

»„Je länger dieses Eingesperrtsein existiert, umso eher treten Konflikte auf.“«

Nach fünf Wochen Ausgangsbeschränkungen scheinen bei vielen Menschen die Nerven blank zu liegen. Denn trotz erster Lockerungen heißt es für die meisten weiterhin, zu Hause zu bleiben. Wann Kindergärten und Schulen wieder wie gewohnt öffnen und Menschen wieder in ihre Büros können, ist unklar. Gerade in der Enge der Stadt führt das zu Herausforderungen. Dort, wo einerseits Nachbarn zusammenwachsen und einander helfen, staut sich andererseits das Konfliktpotenzial auf.

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