Geschichte

Sind moralische Werte nur die Kinder ihrer Zeit?

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In „Beute, Ernte, Öl“ behauptet Ian Morris, Moral hänge allein von der Energieproduktion pro Kopf ab. Die Philosophin Christine Korsgaard kontert.

Frauen, aufgepasst! „Der Ehemann ist der Himmel. Wer wollte ihm nicht dienen?“, lehrt eine Fibel für Mädchen aus dem China des neunten Jahrhunderts. Cicero unterhielt sein Publikum im antiken Rom mit diesem Gedankenspiel: Wenn Frauen „gleiche Rechte bekommen“, wäre die Folge, dass „auch die Hunde und die Pferde, am Ende gar die Esel frei sind“.

Zum Lachen, was? Wenn Ian Morris solche Zitate einstreut, ist schnell Schluss mit lustig. Der englische Historiker und Archäologe will uns nämlich in seinem Buch „Beute, Ernte, Öl“ davon überzeugen, dass jede Epoche der Menschheit die für sie passenden moralischen Werte hat. Sie hängen allein davon ab, wie viel Energie pro Kopf produziert wird. Das Moralgefühl ist durch natürliche Evolution entstanden, wie bei „anderen höheren Tieren“, und dient dem Überleben der Spezies. Aber in jeder Energie-Epoche werden die genetisch fixierten Werte neu „interpretiert“: Die Menschen organisieren ihr Zusammenleben so, wie sie mit ihren technologischen Mitteln am besten satt werden. Also frei nach Brecht: Erst kommt das Fressen, daraus ergibt sich die Moral.

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