TV-Notiz

Verkehrte Welt bei "Im Zentrum": "Machen Dinge, die nicht evidenzbasiert sind"

Im deutschen TV diskutieren Menschen (mit Abstand) im Studio, im ORF gibt's weiterhin nur Bildschirme.
Im deutschen TV diskutieren Menschen (mit Abstand) im Studio, im ORF gibt's weiterhin nur Bildschirme. (c) Screenshot ORF
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Am Sonntagabend sah man im ORF einen Wissenschaftler mit deutlichen Forderungen und Aussagen und eine stark differenzierende Politikerin. Eigentlich kennen wir das anders.

Als "überdramatisch" bezeichnete unlängst die Journalistin und Moderatorin (Puls4, Puls24) Corinna Milborn den ORF. Sie meinte damit die "Corona-WG" am Küniglberg, in der sich ORF-Mitarbeiter seit vielen Wochen von der Außenwelt abschotten. Die Frage, ob verschiedene Maßnahmen (über)dramatisch oder vernünftig sind, kann man jedenfalls als die Gretchenfrage des Jahres 2020 sehen. Vielleicht wird sie es auch noch darüber hinaus bleiben - ein furchteinflößender Gedanke.

Könnte Österreich (aktuell sind unsere Zahlen ja sehr gut, wie Kanzler Sebastian Kurz nun sogar auf CNN erzählen durfte) nun also schon mehr Lockerungen wagen? Oder ist das Risiko zu groß, dass dann die Kennzahlen wieder nach oben schnellen und die Notbremse gezogen werden muss? Könnten wir eine "neue Normalität" beginnen? Und ist dieser Begriff nicht ein Unwort, wie SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner meinte ("die neue Normalität ist nicht normal")? Das war am Sonntagabend das Thema "Im Zentrum", wobei die Sendung natürlich auch im Habitus der neuen ORF-Normalität produziert wurde, die keine Studiogespräche mehr erlaubt, sondern nur noch eine Ansammlung von Bildschirmen. Spannend war es trotzdem: Mit Andreas Sönnichsen war auch ein Mann zugeschaltet, der (er tat das auch schon im "Presse-Interview") einen Standpunkt einnahm, den man wohl dezidiert regierungskritisch nennen kann.

Übertragungen nicht in Schulen?

Sönnichsen, Leiter Abteilung Allgemeinmedizin der MedUni Wien, hält die aktuellen Maßnahmen offensichtlich für zu hart, erstens wegen der bisherigen Erfolge (die Chance, nun auf der Straße einen Infizierten zu treffen, sei nun "mit 4 : 10.000 sehr, sehr gering") und zweitens wegen mangelnder Empirie. "Wir machen Dinge, die letztendlich nicht evidenzbasiert sind", erklärte er, denn es sei nicht klar, ob die Schulen überhaupt eine wesentliche Rolle bei der Übertragung des Virus spielen. Die Infektionen seien bisher über Massenveranstaltungen, Fußballstadien, Karneval und Après-Ski passiert, nicht über die Schulen. "Man hat die Schulen einfach komplett geschlossen, ohne das wissenschaftlich zu begleiten". Man sollte Schulen jetzt öffnen und verschiedene Messungen durchführen. Er hätte gern die Daten dazu, wie viele Kinder in Österreich überhaupt positiv getestet wurden. Aus den internationalen Daten wisse man jedenfalls, dass Schulkinder in der Covid-Epidemie kaum eine Rolle spielen würden.

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