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50 Prozent immun? Test aus Südtiroler Dorf sorgt für Aufregung

APA/AFP/CHAIDEER MAHYUDDIN
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Rund 500 Personen wurden in St. Ulrich mit Antikörpertests getestet. Stimmen die Tests, wären fast 50 Mal so viele Menschen am Virus erkrankt, als die offizielle Statistik sagt. Doch ein Experte zweifelt die Aussagekraft der Tests stark an.

Eine private Initiative im Südtiroler Dorf St. Ulrich zeigt nun, dass möglicherweise bereits bis zu 50 Prozent der einheimischen Bevölkerung immun gegen das Coronavirus sind. Das „Adler Balance Gesundheitszentrum" organisierte 2000 Antikörpertests für die Gemeindebürger. Bei den bisher Getesteten 456 Personen wiesen 48,9 Prozent Antikörper auf, berichtete die Südtiroler Tageszeitung "Dolomiten". Das wäre nahezu das 50-Fache der Zahlen in den offiziellen Statistiken des Südtiroler Sanitätsbetriebs - offiziell habe es in St. Ulrich im Grödnertal nämlich nur 53 Infizierte gegeben.

Fast ein Drittel der Getesteten habe angegeben, keinerlei Symptome gehabt zu haben. Einige der Getesteten seien sogar über das eigene Testergebnis verwundert gewesen und über die Tatsache, bereits mit der Krankheit in Kontakt gekommen zu sein, erklärte der Hotelier Klaus Senoner, Inhaber des Gesundheitszentrums.

"Für mich ist das nicht so überraschend, denn in Gröden sind die Infektionen bereits ausgebrochen, als in Terlan der erste Covid-19-Infizierte festgestellt wurde. Unsere Grippewelle war eine Coronawelle", sagte Simon Kostner, Gemeindearzt in St. Ulrich, der gemeinsam mit weiteren Ärzten die Tests durchführte. Jeder Gemeindebürger könne sich selbst für einen Test anmelden, wer dran kommt entscheide dann das Zufallsprinzip. Die Tests werden zum Selbstkostenpreis von 30 Euro durchgeführt. Man schaffe rund 100 Tests pro Tag, hieß es.

Er meint: "Unser Schnelltest ist ein Test, der aus Wuhan kommt, und der eine erklärte Spezifität von 100 Prozent hat." Wenn mittels Test Antikörper nachgewiesen werden, heiße das, dass der Betreffende zu 100 Prozent mit dem Covid-19-Virus infiziert war und mit keinem anderen der Coronaviren-Familie, führte Kostner weiter aus. "Es gibt keine Falsch-Positiven", so der Mediziner.

Experte zweifelt an Aussagekraft

Ganz anders sieht es der Südtiroler Experte Bernd Gänsbacher. Im Interview mit der „Südtiroler Tageszeitung“ zweifelt er an der Aussagekraft der Tests: „Eine Immunität von 49 Prozent gegen CoV-2 gibt es nirgendwo auf dieser Welt!“ Die bislang höchsten Werte würden sich bei Stichprobentests in Europa bei 15 bis 18 Prozent befinden.

Wie er sich das Testergebnis erklärt? Einerseits sei vor allem in Familien getestet worden, was das Ergebnis stark verzerren könnte. Außerdem würde der verwendete Schnelltest von ScreenItalia eben nicht mit Sicherheit aussagen, „ob die positiv getesteten Antikörper auch wirklich neutralisierend auf CoV-2 wirken."

Was hat die Hoteliersfamilie Sanoner bewogen, diese Schnelltests zu organisieren? Klaus Sanoner meint dazu, dass man eigentlich nur die Mitarbeiter habe testen lassen wollen. Allerdings habe es in der Bevölkerung ein großes Interesse an den Tests gegeben. Und nicht zuletzt gehe es ihm darum „enormen sozialen und wirtschaftlichen Schaden von ganz Südtirol abzuwenden“. Ob die Tourismusbranche im Juni in die Sommersaison starten kann, ist nämlich noch völlig unklar.

Situation in Österreich

In Österreich hatte das SORA-Institut Anfang April eine repräsentative Stichprobenuntersuchung von 1544 Österreichern, allerdings mit den herkömmlichen PCR-Tests, durchgeführt. Laut dem Ergebnis waren nur 0,33 Prozent der österreichischen Bevölkerung infiziert. Flächendeckend durchgeführte PCR-Tests in den Tiroler Corona-Hotspots Ischgl und St. Anton Anfang April ergaben jedoch, dass damals mehr als fünf Prozent der Bevölkerung aktuell infiziert waren.

>>> Bericht der Tageszeitung „Dolomiten"

>>> Interview mit Bernd Gänsbacher auf „Tageszeitung.it"

(sk/APA)

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