Coronakrise

Wienerberger-Chef warnt vor einer Million Arbeitslosen

Heimo Scheuch: "Einen 'dritten Shutdown' können wir uns nicht leisten"
Heimo Scheuch: "Einen 'dritten Shutdown' können wir uns nicht leisten" APA/HERBERT PFARRHOFER
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Die Wirtschaft sei von der Coronakrise "leider ja am meisten betroffen“, sagt Heimo Scheuch. Der Chef des weltgrößten Ziegelherstellers plädiert für einen europäischen „Marshallplan“, um die Arbeitslosigkeit zu senken.

Das Stilllegen der Wirtschaft im Zuge der Coronakrise wird noch weitreichende Folgen haben. "Der Schaden ist ja schon angerichtet", sagte der Chef des weltgrößten Ziegelkonzerns Wienerberger, Heimo Scheuch, im Gespräch mit der APA und verwies dabei auf Liquiditätsengpässe, Konkurse und steigende Arbeitslosenzahlen. "Passt auf, dass wir nicht eine Million Arbeitslose bekommen", warnte der CEO.

Österreich sei exportorientiert und abhängig von Touristen. "Wir müssen uns der Herausforderung stellen, dass wir uns nicht abschotten", meinte Scheuch mit Blick auf die derzeitigen Grenzschließungen. Die Wirtschaft sei von der Krise "leider ja am meisten betroffen". "Und es ist jetzt unsere gemeinsame Verantwortung, das wieder herauszuheben", so der Konzernchef.

"Eines muss man klar heute sagen: die gewählten Maßnahmen haben sehr starke Auswirkungen", betonte Scheuch. Die vielen GmbH in Österreich, die oft Kleinstunternehmungen sind, aber auch die mittleren Unternehmen, die massiv im Export tätig sind, "werden sehr stark leiden", ebenso der Tourismus, der in Österreich deutlich verankert ist.

Zuversicht ist wichtig

Zu der in Österreich vorerst einmal gelungenen Einbremsung der Coronavirus-Verbreitung meinte der CEO: "Es ist großartig, dass wir das gemeistert haben." Doch: "Gesundheit zu einem Thema zu erheben, das man nicht mehr wegdiskutierten darf, ist riskant", strich er gleichzeitig hervor.

Neben dem Wiederhochfahren der Wirtschaft ist es nun seiner Meinung nach "wichtig, Stabilität und Ruhe reinzubringen". "Die EU wird mehr als in der Vergangenheit gebraucht werden - wir brauchen einen 'Marshallplan' für die europäische Wirtschaft, um die Arbeitslosigkeit zu senken", so Scheuch.

Zudem müsse man ohne Panikmache schauen, "wie wir in der Zukunft gesundheitsmäßig damit umgehen", meinte der Konzernchef hinsichtlich weiterer möglicher Coronaviruswellen. "Einen 'dritten Shutdown' können wir uns nicht leisten."

Es sei aber "absurd", die wirtschaftliche Situation mit der Weltwirtschaftskrise ab 1929 und in den 30er-Jahren zu vergleichen, will Scheuch nichts von einer drohenden Depression wissen. "Zuversicht ist wichtig", postulierte der Konzernchef. Die Frage sei, "wie kommen wir da am besten wieder raus".

Beim Baustoffkonzern Wienerberger selbst, der weltweit über 17.000 Mitarbeiter an rund 200 Standorten in 30 Ländern beschäftigt, gebe es in der ganzen Gruppe derzeit keinen einzigen Coronafall, stellte Scheuch erleichtert fest. Vielfach werde nun auch - je nach Land unterschiedlich intensiv - im Home-Office gearbeitet.

In England steht alles

Einen kompletten "Shutdown" der Produktion gebe es nur in vier Ländern. Von dieser Stilllegung sind den Angaben zufolge in Summe 29 Werke betroffen - 14 in England, 10 in Frankreich, vier in Italien und eines in Irland. "Man muss sich mit neuen Realitäten auseinandersetzen." Das eine kurzzeitig geschlossene Rohrwerk in Österreich werde gerade wieder hochgefahren.

Wienerberger macht rund 85 Prozent des Konzernumsatzes und auch des Gewinns in Europa. Jeweils 10 Prozent des Absatzes entfallen dabei auf die Hauptmärkte England, Belgien, die Niederlande, Deutschland und Polen.

"In England steht alles - wir haben die Werke temporär stillgelegt, haben dort Kurzarbeit und machen 10 bis 15 Prozent des normalen Umsatzes", berichtete der CEO. Die britische Regierung habe einen totalen Shutdown der gesamten Bauindustrie angeordnet. In Belgien wiederum gebe es teils Einschränkungen, dort sei es "halb, halb". Normal laufe es dafür auf den ebenfalls großen Märkten Niederlande, Deutschland und Polen.

"Das ganze war eine Herausforderung - jetzt haben wir die Realität und setzen einfach um, was notwendig ist", sagte der Wienerberger-Chef. Davor bildeten einige Wochen "eine Phase, wo wir fast tagtäglich neue Gegebenheiten und Vorschriften bekommen haben von den Behörden", erinnerte sich Scheuch an den Beginn der Coronakrise.

Die Auswirkungen der aktuellen Situation auf das zweite Geschäftsquartal von Wienerberger hängen vom Tempo des Wiederhochfahrens der Wirtschaft ab. "Das werden wir sehen, das ist jetzt noch nicht einschätzbar", so der CEO abschließend.

Der Konzern erzielte im Jahr 2019, in dem Wienerberger sein 200-Jahr-Jubiläum feierte, einen Umsatz von 3,5 Miliarden Euro und unter dem Strich einen Gewinn von knapp 250 Millionen Euro.

(APA)

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