Stakeholder erwarten, dass Unternehmen Erträge abwerfen. Dafür spornt man die Führungskräfte mit variablen Vergütungskomponenten an. Können die in Zeiten wie diesen rückwirkend geändert werden?
Darf man bereits vereinbarte Boni per Gesetz oder Verordnung streichen oder an neue Bedingungen knüpfen? Alfred Berger, Senior Manager bei Kienbaum, sagt nein: „Die Auszahlung eines Bonus, der für vergangener Erfolge fällig ist, kann aufgrund der aktuellen Situation nicht gekürzt werden.“
Soll heißen: Egal, wie schlimm die Lage jetzt ist, egal, wie viele Mitarbeiter den Job verlieren, dem Vorstand steht für die Erfolge der Vorperiode der damals vereinbarte Bonus zu.
„Atmende“ Systeme
Für Berger ist die Diskussion eine gute Gelegenheit, grundsätzlich über Vergütungssysteme nachzudenken. Ein gutes System, meint er, solle „atmen“, sich also über Szenarienplanung automatisch an neue Situationen anpassen. Falls nicht, gehört das Modell überarbeitet.
Hinterfragenswert ist für ihn die üblicherweise jährliche Betrachtung. Langfristige Ziele sind in Österreich nicht so verbreitet, wie seit der Finanzkrise von 2008 behauptet wird: „Die Diskussion ist da schon weiter, die Umsetzung nicht.“ Langfristige Ziele würden nachhaltiges Managen forcieren, sie würden die Entscheidungsträger stärker ans Unternehmen binden und es damit stabilisieren.
In Österreich vermisst Berger auch nichtfinanzielle Erfolgskomponenten: „Die Verantwortung für interne und externe Stakeholder, den Beitrag zum Klimaschutz oder zur gesellschaftlichen Verantwortung.“ Denn, so seine Überzeugung: „In schwierigen Zeiten hilft ein wertschaffendes Bonusmodell, das Richtige zu tun.“
("Die Presse" Print-Ausgabe vom 25. April 2020)