Coronakrise

Nationalrat: Kurz sieht Österreich in Vorreiterrolle, Kickl ortet Angstmacherei

NATIONALRAT: KURZ / RAAB
NATIONALRAT: KURZ / RAAB(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Die Regierung verteidigt ihren Kurs in der Coronakrise, die Opposition beklagt mangelnde Transparenz.

Die Regierungsspitze hat am Mittwoch im Nationalrat die Einschränkungen in der Coronakrise sowie die geplanten Öffnungsschritte verteidigt. Man habe die Krise besser gemeistert als andere Länder, betonte ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz einmal mehr. „Ich habe heute Telefonate mit anderen Regierungschefs geführt, die gefragt haben: ‚Wie habt ihr das geschafft?‘“ In den letzten Tagen habe es stets weniger als 100 Neuinfektionen gegeben, Österreich stehe beim Rückgang europaweit einzigartig da. „Wir sind in einer Vorreiterrolle“, betonte der Kanzler. Das Ziel sei, das Virus in Schach zu halten und gleichzeitig die Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben hochzufahren - „so schnell wie möglich, aber niemals unverantwortlich“.

Auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sprach von einem erfolgreichen österreichischen Weg. „Wir wagen jetzt wieder sehr viel - es ist viel leichter, alles herunterzufahren als wieder hochzufahren“, sagte er in Bezug auf die angekündigte stufenweise Lockerung der Maßnahmen. Falls sich die Zahlen wieder schlechter entwickeln sollten, müsse man manche dieser Schritte verschieben. „Es werden sich neue Normen herauskristallisieren, bis wir eine Impfung haben", betonte Kogler. Man müsse sich etwa fragen, ob Berufsgruppen, die man jetzt als wichtig wahrnehme, nicht anders entlohnt werden sollten: „Wenn Pflegerinnen und Erntehelfer so wichtig sind, warum stehen sie dann am unteren Ende der Skala?"

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner verwies darauf, dass es noch Jahre dauern könnte, bis es einen Impfstoff gibt. Von einer "neuen Normalität" will sie im Gegensatz zur Regierung aber nicht sprechen, "weil es für die SPÖ nicht normal ist, wenn es über 500.000 Arbeitslose gibt, Frauen in alte Rollenbilder gedrängt werden, Freiheiten eingeschränkt werden, Großeltern ihre Enkel nicht sehen können." Man stehe vor einem "längeren Ausnahmezustand", in dem die Regierung nicht mehr alleine entscheide dürfe: „Das Land monate- oder jahrelang per Erlass und Dekret zu regieren, das wird mit uns nicht gehen.“

Kickl: „Medien gleichgeschalten und gekauft"

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl warf der Regierung und insbesondere Kurz vor, die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt zu haben. Die ÖVP habe Medien "gleichgeschalten und gekauft" und unter Druck gesetzt, möglichst viele Bilder von Särgen zu zeigen. Doch die Erzählung von der Alternativlosigkeit der Maßnahmen der Regierung sei „entzaubert“, betonte Kickl. Das zeige etwa das Beispiel Schweden, wo es keine vergleichbaren Einschränkungen gebe. „Warum ist die Entwicklung bei den Neuinfektionen und den Todeszahlen auch in Schweden eine positive? Warum sind in Schweden Gesundheitssystem und Intensivmedizin nicht zusammengebrochen? Nach ihrer Theorie müsste es in Schweden doch mindestens 100.000 Tote geben", so Kickl in Richtung Regierungsbank.

Begonnen hatte die Nationalratssitzung mit einer von den Neos beantragten „Aktuellen Stunde“ unter dem Titel "Wer nichts weiß, muss alles glauben. Transparenz und Information jetzt, Herr Bundeskanzler". Die Oppositionsparteien forderten die Regierung unisono auf, Daten und Fakten auf den Tisch zu legen. „Den Menschen wird sehr viel abverlangt, jetzt ist der Zeitpunkt, wo wir auch der Regierung etwas abverlangen – nämlich volle Transparenz“, sagte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Viele Daten würden in Österreich nicht erfasst, etwa Vorerkrankungen von Corona-Patienten oder wöchentliche Zahlen zu Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit. Aber auch verfügbare Daten würde die Regierung teils nicht veröffentlichen. Vertreter der Regierung wiesen das zurück – man informiere laufend und alle Daten seien online verfügbar.

Jene zwei Abgeordneten, die am Coronavirus erkrankt waren, sind am Mittwoch übrigens in den Nationalrat zurückgekehrt - sowohl Johann Singer als auch Maria Großbauer (beide ÖVP) sind inzwischen genesen.

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