Umfrage

Jedes fünfte Unternehmen plant Jobs zu streichen

APA/AFP/TOLGA AKMEN
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Arbeitsplatzsicherung und Liquidität hat für die heimischen Unternehmen derzeit höchste Priorität. Kurzarbeit ist für sie das wichtigste Instrument, um die Krise zu überstehen.

Viele Österreicher empfinden die Auswirkungen der Covid-19-Krise um einiges intensiver, als sie es erwartet haben – sowohl im Privatleben als auch in ihrem Arbeitsalltag. Für die Mehrheit der österreichischen Unternehmen gilt das nicht. Zu diesem Ergebnis kommt die Wirtschafts- und Beratungsgesellschaft EY, nachdem sie in der ersten Aprilwoche eine repräsentative Umfrage bei österreichischer Unternehmen durchgeführt hat. Befragt wurden Eigentümer und Führungskräfte von Unternehmen aller Branchen, die mehr als 50 Mitarbeiter haben.

Fast zwei von drei Unternehmen (65 Prozent) gaben an, auf Geschehnisse wie den Ausbruch des Coronavirus gut oder sogar ausgezeichnet vorbereitet zu sein. Nur acht Prozent fühlen sich nicht gewappnet. Besonders sattelfestsind Industrieunternehmen und solche, deren Umsatz 200 Millionen Euro übersteigt. Die Hälfte der befragten Firmen gab an, fix und fertig ausgearbeitete Krisenpläne gehabt zu haben, bevor die Pandemie überhaupt Thema wurde. „Spannend ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass lediglich acht Prozent der Handels- und Konsumgüterunternehmen über einen Pandemie-Krisenplan verfügten. Gerade diese Branche ist jedoch nun am stärksten von Covid-19 betroffen“, sagt Gunther Reimoser, EY-Country Managing Partner.

Umsatzeinbruch belastet

Die größte Belastung für heimische Firmen sind die hohen Umsatzrückgänge, gaben 63 Prozent an. Im Durchschnitt erwarten sie Umsatzeinbußen von 18 Prozent. Als sehr problematisch wird der Rückgang von Bestellungen und Anfragen erlebt, mit dem jedes zweite Unternehmen konfrontiert ist. 37 Prozent haben Probleme mit der Lieferkette sowie mit Produktions- oder Auslieferungsstopps.

Den Umsatz des Vorjahres glauben nur sechs Prozent der Umfrageteilnehmer halten zu können: „Selbst wenn in der zweiten Jahreshälfte erfreuliche Zahlen geschrieben werden, wird es äußerst schwierig werden, bereits eingefahrene Verluste wieder auszugleichen“, sagt Erich Lehner, EY-Managing Partner Markets. Denn neben all den internen und organisatorischen Schwierigkeiten gibt es zunehmend auch Risiken von außen, zum Beispiel Cyberattacken, die zusätzliche Probleme bereiten.(hec)

Höchste Priorität hat für die befragten Unternehmen derzeit, ihre Liquidität (95 Prozent) und die Arbeitsplätze (97 Prozent) zu sichern. Von all den staatlichen Hilfspaketen werden daher das Instrument der Steuerstundungen und die Kurzarbeit von Österreichs Unternehmen derzeit am meisten in Anspruch genommen (siehe Grafik). Dochbeide Maßnahmen werden nicht verhindern können, dass Mitarbeiter ihre Jobs verlieren. Jedes fünfte Unternehmen plant, in den kommenden zwölf Monaten Stellen zu streichen, und zwar selbst dann, wenn diese Firmen wieder wie gewohnt produzieren und arbeiten können. Denn auch dann werden die ökonomischen Hindernisse nicht überstanden sein, sagt Lehner.

Und worauf wird es ankommen, um für „das Hochfahren auf Vollbetrieb“ bereit zu sein? Das Halten der Mitarbeiter sei dabei das Um und Auf, gaben 59 Prozent der Befragten an. 47 Prozent halten die Evaluierung des Marktes für essenziell, schließlich werde dieser fast in allen Branchen anders aussehen als vor Corona. Zwei Drittel der Befragten haben übrigens in den vergangenen Wochen erkannt, dass sie unbedingt die Digitalisierung vorantreiben und in flexible Arbeitsstrukturen investiert müssen, um für die nächste Krise gewappnet zu sein. (hec)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2020)

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