"Verfassungsrechtlich bedenklich"

"Video-Prozesse" rufen massive Bedenken hervor

Das historische Mobiliar im Straflandesgericht Wien - die ursprünglichen Sitzabstände sind zwar großzügig, in Corona-Zeiten reichen sie aber nicht aus.
Das historische Mobiliar im Straflandesgericht Wien - die ursprünglichen Sitzabstände sind zwar großzügig, in Corona-Zeiten reichen sie aber nicht aus.Die Presse (Clemens Fabry)
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Um den enormen Rückstau an den Gerichten halbwegs in den Griff zu bekommen, sollen immer mehr Verfahren mittels Videokonferenzen abgewickelt werden. Dies ist grundrechtlich heikel. Und praktisch oft nicht machbar. Oder - seitens der Richter - gar nicht gewollt.

Die wegen der Coronakrise fast bis auf Null zurückgefahrene Justiz soll in den nächsten Wochen wieder in die Gänge kommen. Wie drastisch der Rückstau zulasten der Rechtssuchenden bereits ist, zeigen die Zahlen: Seit Mitte März wurden in Österreich ungefähr 42.000 Verhandlungen verschoben. Absagen oder Terminverlegungen gibt es ständig, im Vorjahr waren es im selben Zeitraum jedoch „nur“ knapp 10.000. Als Ausweg soll nun das Prozessieren per Video forciert werden. Doch kritische Stimmen aus der Praxis werden immer lauter. Auch das Hochfahren der herkömmlichen Verhandlungen ist schwierig, da die Platzverhältnisse in den Gerichten die nötigen Sicherheitsabstände nicht hergeben.    

Eines der Ziele der voraussichtlich mit 7. Mai in Kraft tretenden Novelle des Covid 19-Maßnahmengesetzes: die Wiederbelebung der Zivilgerichtsbarkeit. Wie Justizministerin Alma Zadic erklärte ("Presse"-Interview mit Zadic), sei es demnach künftig (befristet bis 31. Dezember) möglich, im Zivilverfahren alle Parteien, Zeugen, Sachverständige, Dolmetscher, per Video einzuvernehmen. Voraussetzung: Alle Parteien müssen zustimmen. Letzteres sieht die Richtervereinigung kritisch. Eine Verfahrenspartei könne fortan das Verfahren auch aus taktischen Gründen oder aus Eigeninteresse verzögern, indem sie die Genehmigung zur Videokonferenz verwehrt.

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