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Wien Energie befürchtet "zig Millionen Euro" an unbezahlten Rechnungen

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Der stadteigene Stromversorger will trotz Corona groß investieren und die Krise ohne Kurzarbeit und Sparprogramm durchtauchen.

Seit Mitte März sitzen die allermeisten Österreicher zuhause – und dennoch verkaufen die Stromkonzerne so wenig Elektrizität wie selten zuvor. Gerade in der Hauptstadt hat der Stillstand von Industrie und Gewerbe den Stromverbrauch überraschend stark einbrechen lassen. Seit Beginn des Lockdowns sank der Strombedarf hier um ein Fünftel, berichtet die Wien Energie. Das belastet den stadteigenen Versorger ebenso stark wie der Verfall der Strompreise. Und auch die offenen Forderungen hätten sich „deutlich erhöht“, sagt Geschäftsführer Michael Strebl. Sowohl Haushalte als auch Unternehmen zahlen ihre Rechnungen nicht mehr so verlässlich, wie noch vor wenigen Wochen.

Sollte die Krise andauern, könnten sich diese unbezahlten Rechnungen rasch auf „zig Millionen Euro“ summieren, so Strebl. Corona werde der Wien Energie eine „ordentliche Delle“ verpassen. Von Kurzarbeit oder Sparprogrammen will das Unternehmen der Stadt Wien im Jahr der Gemeinderatswahlen dennoch nichts wissen.

Gutes Vorjahr schafft Polster

Das sei möglich, weil der Stromkonzern im Vorjahr besonders gut verdient habe. Der Umsatz stieg dank steigender Absatzmengen um 17,3 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro, der Gewinn legte um 61 Millionen auf 202 Millionen Euro zu. „Das werden wir auch brauchen“, stellt Strebl fest. Denn solange die Wiener jeden Tag so wenig Strom verbrauchen, wie sonst am Wochenende, bleibe der Druck hoch.

Die Wien Energie will der Coronakrise aber nicht nur ohne Sparkurs trotzen, sondern auch die geplanten Investitionen in vollem Umfang umsetzen. Mehr als 200 Millionen Euro fließen heuer in den Ausbau von zusätzlichen Ökostromkraftwerken. Schon im Vorjahr hat das Unternehmen so viel Solarenergie ausgebaut, wie in den ganzen zehn Jahren zuvor. Wenn die Lieferketten halten und die Baufirmen arbeiten – sollen heuer jeden Tag 1000 weitere Quadratmeter an Solarpaneelen auf Dächer und Wiesen verbaut werden.

Das notwendige Kapital für die Großinvestitionen sei vorhanden, versichert das Management. Schließlich sei man finanziell gut aufgestellt. Zumindest an Kredite kommt die Wien Energie – nicht zuletzt dank ihres öffentlichen Eigentümers – tatsächlich zu vergleichsweise günstigen Konditionen. Die Solaroffensive werde am Verschuldungsgrad des Konzerns nichts ändern, betont Strebl. Dieser ist mit 80 Prozent allerdings bereits eher ausgereizt. Zum Vergleich: Der Verbund hat einen Verschuldungsgrad von 34 Prozent.

„Keine neuen Gaskraftwerke“

Der Bau neuer Gaskraftwerke, wie sie der Energieregulator Andreas Eigenbauer zur Aufrechthaltung der Versorgungssicherheit gefordert hatte, ist derzeit nicht im Plan der Wiener. „Bis 2023 werden sie kein neues GasKraftwerk von uns sehen“, sagt Strebl. Das sei angesichts der gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht rentabel. Aber auch er sorgt sich um die sichere Versorgung mit Strom. Im Vorjahr wurden die thermischen Kraftwerke der Wien Energie 220 Mal vom Übertragungsnetzbetreiber APG zur Hilfe geholt, um das Stromnetz zu stabilisieren. Diese „Feuerwehrdienste“ seien allerdings nur noch bis Herbst 2021 vertraglich gesichert, warnt Strebl. Soll die Wien Energie auch danach noch im Notfall einspringen, müsse der Gesetzgeber endlich das dafür notwendige Regelwerk beschließen.

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