New Apple Watch Series 5 are displayed during launch day at Apple Marunouchi store on September 20, 2019. PUBLICATIONxIN
Jubiläum

Fünf Jahre Apple Watch: Vom Flop zum Marktführer

Lange hat sich Apple Zeit gelassen, bis die erste Apple Watch auf den Markt kam. Die überhöhten Erwartungen konnte das Unternehmen in der ersten Generation nicht erfüllen.

Es war lange Zeit das größte öffentliche Geheimnis Apples: Die Arbeit an der ersten Uhr des iPhone-Konzerns. Damals noch unter dem Namen iWatch wurden Gerüchte mit Erwartungen vermischt. Als die Apple Watch dann 2015 vorgestellt wurde, waren die Ansprüche entsprechend hoch. Es folgte schnell die Enttäuschung, denn die Uhr konnte in ihrer Version den Vorstellungen der Kunden nicht gerecht werden. Apple blieb hartnäckig und bewies Durchhaltevermögen. Mit einer Mischung aus Lifestyle-Trends, Gesundheitsfunktionen und technischen Weiterentwicklungen entwickelte sich die Apple Watch einmal mehr zur veritablen Cash-Cow. Einmal mehr sicherte sich Apple ein Milliardengeschäft, sondern auch den Platz an Dutzenden Millionen Handgelenken.

Im Frühjahr 2015 war ein Erfolg alles andere als absehbar. Niemandem war es bisher gelungen, eine Smartwatch im Massenmarkt zu etablieren. Es gab zwar spezialisierte Sportuhren von Polar, Fitness-Armbänder von Fitbit - und auch schon Smartwatches von Samsung, LG und Motorola. Letztere teilte sich zwar ein Betriebssystem mit Android-Telefonen, wirkte aber klobig wie ein Eishockey-Puck am Handgelenk. Zu ihren charakteristischen Merkmalen gehörte auch, dass der untere Rand des runden Bildschirms flach abgeschnitten war, wie bei einem platten Reifen. Der Grund war prosaisch: Irgendwo musste man ja die Kontakte des Displays unterbringen. Jenes Flat-Tire-Design sollte selbst teure Android-Uhren noch jahrelang verfolgen.

Vor dem Start von Apples Computer-Uhr schraubten Experten und Medien den Erfolgsdruck in die Höhe: Immerhin was es der erste Vorstoß des Konzerns in eine neue Produktkategorie nach dem iPhone 2007 und dem iPad drei Jahre danach - und auch noch der erste seit dem Tod des visionären Gründers Steve Jobs im Herbst 2011. Als die Watch am 24. April schließlich in den Handel kam, bildete sich eine Schlange vor der Berliner Modeboutique The Corner - einem von nur sechs Geschäften weltweit, in denen das Gerät ohne Online-Vorbestellung gekauft werden konnte. Nach Berechnungen der Marktforschungsfirma IDC legten sich bis Ende des Quartals 3,6 Millionen Nutzer eine Apple Watch zu.

„Trial and Error": Apples holpriger Start

Doch bei weitem nicht alle waren zufrieden. Kritisiert wurde unter anderem, dass die Apps zu langsam starteten und eine Verbindung zum iPhone brauchten. Ausgeklügelte Funktionen wie etwa die Möglichkeit, den Herzschlag auf die Uhr eines Partners zu übertragen, fanden als Spielerei keine Nutzer und wurden gestrichen. Auch die goldene Apple Watch, die mehr als 20.000 Dollar (aktuell 18.400 Euro) kosten konnte, erwies sich als schlechte Idee. Eine Technik, die schon nach wenigen Jahren quasi obsolet war, passte einfach nicht zum Preis einer Rolex, die man über Generationen ohne Abstriche an der Funktionalität vererben kann.

Im zweiten Quartal 2016 wurden laut Marktforschern noch 1,6 Millionen Apple-Uhren verkauft. Das reichte zwar locker, um die Führung im Smartwatch-Markt zu behalten - aber auch, damit das Gerät zum Flop erklärt wurde. "Ein Jahr nach dem Start ist klar, dass so ziemlich niemand eine Apple Watch braucht", titelte die Newsseite "Quartz".

Apple besann sich auf die Nutzungsszenarien, die sich am meisten durchsetzten: Benachrichtigungen, Navigation und Fitness. Die Uhr erwies als mit ihrem Vibrationsalarm als hilfreich, um eine Nachricht oder E-Mail nicht zu verpassen - oder bei einer Navigation mit der Karten-App darauf hinzuweisen, dass man gleich abbiegen muss. Beim Sport misst sie Puls und Entfernung - das können Fitness-Uhren zwar auch. Bei der zweiten Generation machte Apple aber den Prozessor schneller und steckte in das Gehäuse noch einen GPS-Chip zur Ortung.

Von der Leine gelassen

Ab der dritten Generation kann die Uhr dank LTE-Funk auch ohne iPhone ins Internet und Telefonate entgegennehmen. Die vierte Auflage der Apple Watch stellte das Trendthema Gesundheit in den Vordergrund. Die Computer-Uhr kann seitdem auch Herzrhythmusstörungen erkennen, ein einfaches EKG aufzeichnen und Stürze erkennen. Seitdem präsentiert Apple-Chef Tim Cook auf den Firmenevents immer wieder medienwirksam Berichte von Kunden, die der Apple Watch quasi ihr Leben verdanken, da ein medizinischer Notstand gerade noch rechtzeitig erkannt wurde.

Bei der fünften Generation im vergangenen Herbst bekam die Uhr schließlich einen Bildschirm, der ständig leuchtet, statt nur beim Heben des Handgelenks anzugehen. Parallel mit den Verbesserungen senkte Apple den Preis älterer Modelle: So kostet die zweieinhalb Jahre alte Serie 3 noch 229 Euro.

Das iPhone nicht vom Thron gestoßen

Die Strategie führte zum Erfolg: Im vergangenen Jahr setzte Apple nach Berechnungen der Marktforscher von Strategy Analytics gut 30 Millionen seiner Uhren ab - mehr als die Exporte der gesamten Schweizer Uhrenindustrie. Allerdings haben die Schweizer beim Umsatz die Nase vorn, weil der Durchschnittspreis eines typischen Chronometers aus der Alpenrepublik viel höher ist.

Für Apple entwickelte sich die Smartwatch aber vom Beinahe-Flop zum Hit: Die Wearables-Verkäufe halfen dem Konzern zwischendurch auch über die Schwächephase seiner iPhones hinweg. Das Smartphone ist dennoch der Umsatzgarant. Dem Android-Lager gelang es unterdessen nicht - ganz anders als bei Smartphones - mit dem Plattform-Ansatz Apple unter Druck zu bringen. Obwohl das Google-Betriebssystem den Smartphone-Absatz mit einem Anteil von mehr als 80 Prozent dominiert und auch viele Anbieter von Modeuhren Android-Modelle im Angebot haben, hielt Apple nach IDC-Berechnungen im vergangenen Jahr den Spitzenplatz mit rund 29 Prozent Marktanteil.

(bagre)

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