Peking setzt die Demokratiebewegung immer mehr unter Druck. Die Coronakrise bringt die Proteste zum Erliegen. Doch die Forderungen sind lauter als zuvor. Hongkonger erzählen der „Presse“.
Hongkong/Peking/Wien. Ist es nun vorbei? Existiert die Autonomie, wie sie Hongkong bis 2049 versprochen worden war, wirklich nur mehr am Papier? Vor etwa einem Jahr gingen erstmals Tausende Menschen in der Sonderverwaltungszone gegen ein Gesetz auf die Straße, das Auslieferungen Verdächtiger an China erlaubt hätte. Es war der Beginn einer monatelangen, teils gewalttätigen Protestwelle gegen den wachsenden Einfluss Pekings in der britischen Ex-Kronkolonie.
Doch die Ereignisse der vergangenen Tage zeigen: Ihre Ängste könnten mitten in der Coronakrise zur Realität geworden sein. Auf mehreren Fronten machte die KP-Führung klar: Der Tag der Abrechnung ist gekommen. „Peking hätte die Hongkonger Bevölkerung niemals mit ihrer Ungehorsamkeit und direkten Missachtung im vergangenen Jahr davon kommen lassen“, schreibt der in Hongkong ansässige Autor Antony Dapiran.
Die Polizei ließ am Wochenende 15 Vorreiter der Demokratiebewegung wegen der Teilnahme an illegalen Demonstrationen verhaften. Der Sturm hatte sich wenige Tage zuvor angekündigt: Luo Huining, Chef des Pekinger Verbindungsbüros, hatte die Hongkonger vor weiteren Unruhen als „Gefahr für die nationale Sicherheit“ gewarnt. Zugleich setzte das Verbindungsbüro prodemokratische Abgeordnete unter Druck: Sie verzögerten die Wahl des Vorsitzenden im Hongkonger Parlament und damit den Beschluss wichtiger Gesetze.