Coronakrise

Ramadan: "Bin enttäuscht, dass ich nicht in Moschee kann"

APA/AFP/WAKIL KOHSAR
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Weltweit feiern Millionen Muslime den Beginn des Fastenmonats unter strengen Auflagen. Doch nicht überall wollen sich die Gläubigen den Maßnahmen beugen.

Muslime auf der ganzen Welt haben inmitten der Coronakrise den Beginn des Fastenmonats Ramadan im kleinen Kreis gefeiert. Wegen der Corona-Beschränkungen und Ausgangssperren wird es dieses Jahr in vielen Ländern keine Zusammenkünfte nach Sonnenuntergang zum Fastenbrechen und zum nächtlichen Gebet in der Moschee geben.

Für Millionen Muslime steht der am Donnerstagabend begonnene Fastenmonat in diesem Jahr unter düsteren Vorzeichen. Das traditionelle Fastenbrechen Iftar nach Sonnenuntergang mit Familie und Freunden fällt weitgehend aus. Auch Reisen zu den Heiligen Städte des Islam sind nicht möglich, Moscheen weltweit sind geschlossen.

Die religiösen Autoritäten vieler Länder unterstützen die Restriktionen und fordern die Gläubigen auf, zu Hause zu beten und sich nicht in größeren Gruppen zu versammeln. In Indonesien, dem Land mit der größten muslimischen Gemeinde der Welt, riefen die meisten Religionsverbände die Gläubigen auf, zu Hause zu bleiben. "Ich bin enttäuscht, dass ich nicht in die Moschee gehen kann, aber was kann ich tun? Die Welt hat sich verändert", sagte die Muslima Fitria Famela.

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Indonesische Fundamentalisten widersetzen sich

Der führende islamische Verband der von Fundamentalisten verwalteten indonesischen Provinz Aceh widersetzte sich jedoch öffentlich der Anordnung: Mehrere tausend Gläubige besuchten am Donnerstag die Abendgebete in der größten Moschee der Hauptstadt Banda Aceh. "Ich mache mir keine Sorgen, weil ich eine Gesichtsmaske trage und Abstand halte", sagte der Gläubige Cut Fitrah Riskiah.

In Bangladeschs Hauptstadt Dhaka schlossen die Behörden einen jahrhundertealten Markt, auf dem normalerweise traditionelle Köstlichkeiten für den Ramadan verkauft werden. "Dies ist das erste Mal seit rund 400 Jahren, dass der Markt keine Produkte für Iftar verkauft", sagte der örtliche Polizeichef Mudut Howlader.

Die fundamentalistische Gruppierung Hefasat-e-Islam in Bangladesch kritisierte den beschränkten Zugang zu den mehr als 300.000 Moscheen im Land. "Beschränkungen für die Teilnahme am Gebet verstoßen gegen den Islam", sagte Mojibur Rahman Hamidi, ein Vertreter der Gruppierung. "Ein gesunder Muslim muss sich den Gebeten in einer Moschee anschließen. Wir hoffen, dass Allah uns vor dem Coronavirus retten wird, wenn wir inbrünstig beten."

Muezzin-Ruf anpassen?

In Malaysia wurde die strikte Ausgangssperre bis Mitte Mai verlängert. Moscheen, Schulen und die meisten Läden bleiben geschlossen. Auch hier wurden die beliebten Ramadan-Basare verboten. Stattdessen können die Malaysier nur auf "E-Basaren" im Internet Köstlichkeiten für das Fastenbrechen bestellen.

Die meisten muslimischen Länder sind von der Corona-Pandemie offiziellen Angaben zufolge offenbar bisher weniger stark betroffen als Europa und die USA. Allerdings steigen auch hier, besonders im Iran und in der Türkei, die Todeszahlen stetig an und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die muslimischen Länder aufgerufen, bestimmte Traditionen des Ramadan zu untersagen, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern.

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland schlug vor, den Muezzin-Ruf vorübergehend der Corona-Krise anzupassen. Er halte es für denkbar, dass die Muezzine in Deutschland "Betet zu Hause" statt "Kommt her zum Gebet" rufen, sagte der Zentralratsvorsitzende Aiman Mazyek der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Freitagausgabe). So werde es in vielen Teilen der islamischen Welt derzeit praktiziert.

Saudiarabien sowie die meisten anderen arabischen Staaten beginnen den diesjährigen Ramadan einen Tag später als etwa Indonesien und Malaysia. Sie haben den offiziellen Beginn für Freitagabend festgelegt. Der Beginn des Ramadan richtet sich in den jeweiligen Ländern nach der Sichtung der Neumondsichel. In Österreich hat er bereits begonnen.

(APA/AFP)

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