Der Großteil der Schüler wird am 18. Mai wieder in die Klassen zurückkehren – und zwar abwechselnd und mit Maske. Alle Schularbeiten und der Turnunterricht sind für den Rest des Schuljahrs abgesagt
„Das Zusperren war unzweifelhaft einfacher als das Aufsperren”, sagte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) am Freitag bei seiner lang erwarteten Pressekonferenz zu den Lockerungen in den Schulen. Zugesperrt wurde schnell. Aufgesperrt wird nun langsam.
Diese Entscheidung sei, wie der Minister sagte, nämlich „ausgesprochen schwierig”. Es müsse hier zwischen Infektionsschutz auf der einen Seite und Bildung auf der anderen Seite abgewogen werden. Da würden die Meinungen von Experten ebenso wie von Eltern oft weit auseinandergehen. Die Bundesregierung hat sich für eine stufenweise Wiedereröffnung entschieden. Alle Schüler sollen noch vor den Sommerferien zurückkehren. Vorausgesetzt „es geht alles gut – und die Infektionszahlen steigen nicht wieder”, sagte Minister Faßmann. Dabei werde man auch die Schulöffnungsvorreiter in Dänemark und Norwegen genau beobachten. Die Details zum Fahrplan.
Stufenplan
Es werden nicht alle gleichzeitig in die Schulgebäude zurückkehren. Den Anfang machen am 4. Mai wie angekündigt die Maturanten, die Abschlussklassen der berufsbildenden mittleren Schulen sowie die Lehrlinge im letzten Berufsschuljahr. Insgesamt sind das 100.000 Jugendliche. Zwei Wochen später, am 18. Mai, beginnt der Unterricht für alle Sechs- bis 14-Jährigen wieder. An diesem Datum öffnen alle Volksschulen, Neuen Mittelschulen, AHS-Unterstufen und Sonderschulen. Damit kommen 700.000 Schüler zurück. (Am Freitag davor, dem von Bundeskanzler Sebastian Kurz genannten 15. Mai, wird es Lehrerkonferenzen geben.) Der nächste Schritt ist für 3. Juni geplant. Da kehren alle 15- und Mehrjährigen zurück. Damit wird es auch für die 300.000 Schüler in AHS-Oberstufen, berufsbildenden höheren Schulen (BHS) und Polytechnischen Schulen wieder Unterricht vor Ort geben.
Schichtbetrieb
Zurück in der Schule muss der gebotene Sicherheitsabstand eingehalten werden. Deshalb dürfen nur wenige Schüler zeitgleich anwesend sein. Es wird einen Schichtbetrieb geben. Wie „Die Presse” bereits berichtete, werden die Klassen dazu zweigeteilt (in Klein- und Kleinstschulen wird das nicht notwendig sein). Die Teilung sollte beispielsweise nach Alphabet erfolgen. So könnten Geschwister die Schule an denselben Tagen besuchen. Denn Gruppe A wird von Montag bis Mittwoch unterrichtet und Gruppe B am Donnerstag und Freitag. In der Woche darauf ist es umgekehrt. Somit werden die Schüler bis zu den Sommerferien weiterhin zwei oder drei Tage pro Woche zu Hause sein. Von „Hausübungstagen” spricht der Minister.
Betreuung
Das Kinderbetreuungsproblem besteht dadurch für viele berufstätige Eltern zumindest an der Hälfte der Tage weiter. Das ist auch dem Bildungsminister bewusst. An den „Hausübungstagen” werde es deshalb Betreuung an den Schulen geben – im Turnsaal, durchgeführt von Lehrern. Die Kinder können in die Schulen gebracht werden, sollen aber nicht unbedingt. „Ich ersuche die Eltern, die Möglichkeit zu prüfen, ihre Kinder zu Hause zu betreuen”, sagte Faßmann. Sonst könne es keine „Entdichtung” an den Schulen geben.
Stundenplan
Der bisherige Stundenplan soll prinzipiell beibehalten werden. Lediglich der Turn- und Musikunterricht darf in diesem Schuljahr gar nicht mehr stattfinden. Das sei „virologisch heikel”. Die Idee, nur in den Hauptfächern zu unterrichten, hat man offenbar verworfen. Es wird aber zeitliche Begrenzungen geben. Unterrichtet wird in diesem Schuljahr nur noch am Vormittag. (Ob das auch Ganztagsschulen betrifft, ist offen, Betreuung wird es dort auch am Nachmittag geben.) In den Mittelschulen und Unterstufen würden, wie der Minister sagt, am Nachmittag meist ohnehin Turnstunden stattfinden. Schwieriger dürfte das für Oberstufen sein. Nachmittagsunterricht ist hier essenziell. Der Stoff soll jedenfalls generell reduziert werden. Es müsse nicht jedes Kapitel aus dem Buch durchgenommen werden.
Benotung
Im heurigen Schuljahr wird es keine Schularbeiten mehr geben. Für das Jahreszeugnis sind hauptsächlich die Semesternoten ausschlaggebend. Zudem werden die vor der Schulschließung im zweiten Semester erbrachten Leistungen einfließen sowie die Mitarbeit während des Distance Learning. Bei Schülern, die zwischen zwei Noten stehen, kann eine mündliche Prüfung erfolgen. In der Volksschule wird es heuer gar kein Sitzenbleiben geben. Außer die Eltern wünschen das. In allen anderen Schularten kann man ausnahmsweise mit einem Fünfer automatisch aufsteigen. Es braucht dazu keinen Konferenzbeschluss. Ganz abgeschafft ist das Sitzenbleiben nicht.
Masken
Für die „neue Normalität” an den Schulen gibt es, wie „Die Presse” bereits berichtete, ein eigenes Hygienehandbuch. Betreten darf das Gebäude nur mit einem Mund-Nasen-Schutz werden. Die Schüler sollten die Maske von zu Hause mitnehmen. Nur in Ausnahmefällen wird sie ihnen zur Verfügung gestellt. Die Lehrer werden mit Masken versorgt. Nach Möglichkeit sollen die Schüler zeitversetzt im Haus eintreffen. Dort sollen sie dann Bodenmarkierungen folgen. In den Pausen müssen Klassen mit ungerader Bezeichnung (1. Klasse, 3. Klasse) im Klassenzimmer bleiben. Nur die anderen dürfen raus.
Risikogruppe
Die Schüler sollen zwar wieder zurückkehren. Müssen aber nicht. Es können sich alle Schüler abmelden, die sich (aus welchen Gründen auch immer) nicht in der Lage sehen, dem Unterricht beizuwohnen. Sie gelten als entschuldigt. Auch ohne ärztliches Attest. Bei Lehrern sieht das etwas anders aus. Pädagogen mit Vorerkrankungen oder mit gefährdeten Angehörigen im Haushalt dürfen zu Hause bleiben. Sie brauchen aber eine ärztliche Bestätigung. Lehrer in der altersspezifischen Risikogruppe können, aber müssen nicht unterrichten. Für Online-Unterricht haben alle zur Verfügung zu stehen. Wie viele Lehrer dadurch in den Klassen fehlen, konnte der Minister nicht abschätzen.
Kindergarten
Geäußert hat sich Faßmann diesmal auch zu den Kindergärten – „auch wenn es mir kompetenzrechtlich nur teilweise zusteht”. Großteils sind hier Länder und Gemeinden zuständig. Der Minister appellierte an die Betreiber, alle Kinder aufzunehmen, die Betreuung brauchen, ohne Bestätigungen des Arbeitgebers zu verlangen. „Sofern machbar” soll es auch hier einen Schichtbetrieb geben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2020)