Der lange Atem des 19. Jahrhunderts?

Was heißt da „neues Biedermeier“? Von der Entzauberung der Häuslichkeit

Covid-19 und die Folgen: Ohne seinen Gegenpart des „Öffentlichen“ hat sich das „Private“ als Trugbild entpuppt. Die Überhöhung des Privaten ist auffallend schnell einer Desillusionierung gewichen.

Kurze Zeit schien es, als würde in Europa die Rede vom Krieg wieder Überhand gewinnen. Ausgerechnet in einer Krise, die weder national noch militärisch zu fassen ist, waren jene Stimmen am lautesten, die nationalistische und martialische Vorstellungen bedienten. In Retrospektive auf einen Monat, in dem der Ausnahmezustand vermittelt, eingeübt und jetzt auch verhandelt wurde, zeigt sich aber, dass ein anderes Thema durch die Corona-Krise länger anhaltend Bedeutung gewinnt: Häuslichkeit ist schon seit rund zehn Jahren ein starker Bezugspunkt von Hipster-Populärkulturen – in einem sehr widerspruchsreichen Feld zwischen Fünfzigerjahre-Kitsch und MeToo-Debatte.

Lose angelehnt daran wurde der Zusammenhang vom „Privaten“ und „Politischen“ in der Corona-Krise vor allem auf drei Bereiche hin reflektiert: Erstens drängten sich gesellschaftspolitische Fragen auf, etwa weil die Notwendigkeit von Kinderbetreuung mit der Beschränkung von Familien auf den privaten Raum nicht einfach obsolet wurde. Zweitens wurden schon früh demokratiepolitische Bedenken angesichts von Lockdown und Wahlverschiebungen laut. Drittens wurde der Einfluss der aktuellen Krise auf die Entwicklung der grundsätzlichen, vor allem politischen Kultur diskutiert.

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