Auktion

Alte Meister, junge Bieter

Das Doppelporträt aus dem 17. Jahrhundert wurde zum teuersten Werk der Auktion.
Das Doppelporträt aus dem 17. Jahrhundert wurde zum teuersten Werk der Auktion.Sotheby's
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Alte Meister online zu verkaufen, muss kein Widerspruch sein. Sotheby's hat damit gute Erfahrungen. Selbst Corona verdarb nicht die Kauflaune.

Sotheby's hat in den vergangenen Jahren schon mehrmals Lagerverkäufe von Altmeisterhändlern übernommen. Zu den erfolgreichsten gehörten die Auktionen aus dem Bestand des New Yorker Kunsthändlers Otto Naumann 2018 und eine Auswahl an Renaissancewerken aus dem Londoner Geschäft von Fabrizio Moretti 2015. Doch diesen Monat gab es eine Prämiere: der erste Lagerverkauf Alter Meister als reine Onlineauktion. Die 100 Werke stammten aus dem Bestand des renommierten Londoner Altmeisterhändlers Rafael Valls. Seit beinahe vier Jahrzehnten betreibt er gemeinsam mit seiner Frau das Geschäft in St. James in London und ist langjähriger Aussteller der Old Master Paintings Week und der Tefaf in Maastricht, der bedeutendsten Kunst- und Antiquitätenmesse. Für viele überraschend ist wohl, dass diese Auktion nicht erst coronabedingt zur Onlineauktion wurde, sondern von Beginn an als solche geplant war. Andrew Fletcher, Leiter der Sparte Alte Meister bei Sotheby's, macht seit 2017 mehrmals pro Jahr reine Onlineauktionen für Alte Meister. Es sei eine gute Plattform, um dieses Sammelgebiet neuen Käufern zu öffnen, sagt er. Dabei legt er auf niedrige Schätzpreise wert, um die Einstiegshürde niedrig zu halten. So lagen die Schätzungen der Lose des Rafael-Vall-Verkaufs bei zwischen knapp 1000 und 30.000 Pfund.

Über dem Schätzpreis. Diese Strategie funktionierte wiederholt gut, so auch bei der jüngsten Auktion. Trotz Coronakrise wurden 98 Prozent der Lose verkauft, 82 Prozent davon übertrafen den oberen Schätzwert. Und auch die Käuferauswertung gibt Fletcher recht: 30 Prozent der Käufer haben zum ersten Mal bei Sotheby's gekauft, und 20 Prozent der Bieter waren unter 40 Jahre alt. Das beweist, dass sich sehr wohl auch die Millennials für alte Kunst interessieren. Man muss sie nur über den richtigen Kanal erreichen.

Zum teuersten Los der Auktion und gleichzeitig auch teuersten jemals online verkauften Altmeisterwerk wurde ein Doppelporträt eines Mannes, der vor einem Bild, einem gerahmten Porträt an der Wand, einer Dame abgebildet ist. Das Gemälde, das aus dem 17. Jahrhundert stammt, stieg auf 275.000 Pfund und verzwanzigfachte damit den Schätzpreis, der mit 12.000 Pfund angesetzt war. Mehr als 50 Gebote wurden für dieses Werk abgegeben.

Es wurden insgesamt 14 neue Rekorde für Künstler erzielt, darunter für C. John M. Whichelo für seine „Bucht von Neapel im Mondlicht“, die auf 68.750 Pfund stieg und damit auf das Achtfache der Taxe. Rekorde wurden zudem für den Holländer Willem van Swaanenburgh und den Spanier Pedro Ribera für einen stimmungsvollen Spaziergang zur Kirschblüte in Kyoto erreicht. Auf 40 Gebote und das Achtfache der Taxe brachte es das Werk.

Was diese Auktion für Bieter attraktiv machte, waren wohl die günstigen Schätzungen. Das bedeutet aber auch, dass Valls riskierte, deutlich unter seinem Einkaufspreis verkaufen zu müssen. So wurde etwa das im Vorfeld als Toplos beworbene Werk „Blick auf Ostende“ von Hendrik van Minderhout für 27.500 Pfund verkauft und damit im Rahmen der Schätzung. Recherchen der „Financial Times“ zufolge erstand Rafael Valls dieses Werk 2013 bei einer Auktion aber um 140.500 Pfund.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2020)

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