Verhaltensökonom Axel Sonntag erklärt im „Presse“-Interview, warum Anreize abschrecken können und Aufkleber mit Augenpaaren helfen. Und er sagt: Die Politik müsse mehr über die Stopp-Corona-App reden.
Die Presse: Kann die Verhaltensökonomie Menschen motivieren, sich an Vorsichtsmaßnahmen zu halten?
Axel Sonntag: Sie kann in zwei Bereichen helfen. Einerseits, wenn es darum geht, Information verständlich herunterzubrechen. Anderseits kann sie helfen, dass aus Geboten eine gelebte neue Norm entsteht. Es ist das eine zu sagen: Wir müssen jetzt alle mit Masken herumlaufen, aber etwas anderes, den Schritt zur Gewohnheit zu schaffen. In Zeiten von Corona ist die Kunst, eine Gruppenidentität zu schaffen, das heißt, dass die Leute sich nicht für sich selbst, sondern für die Gruppe an Regeln halten. Wenn es nur um einen selbst geht, unterschätzt man Risken eher und findet Ausreden.
Bisher schienen sich alle an die Regeln zu halten. Sind wir so altruistisch, so gesetzestreu, oder haben wir bloß Angst?
Dass das so gut funktioniert, erstaunt mich auch ein wenig. Aber zum einen sind wir noch immer in Österreich, d. h. es gibt eine gewisse Obrigkeitshörigkeit. Zum anderen bin ich nicht überzeugt davon, dass nun der große Altruismus ausgebrochen ist. Es wäre auch möglich, dass nach wie vor angenommen wird, mit den Masken vor allem sich selbst zu schützen. Das würde erklären, warum man auf der Straße besonders viele alte Leute mit Masken sieht, die fast das ganze Gesicht bedecken.