Wiedereröffnung

Appell an die Wirte, "nicht wieder mit einem Preiskampf zu beginnen"

Der Kampf um die Gäste wird bald beginnen.
Der Kampf um die Gäste wird bald beginnen.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Peter Dobcak, Gastronomie-Experte in der Wiener Wirtschaftskammer, schickt eine Warnung an die Wirte aus. Unterdessen zeigt eine neue Umfrage, was diese den Menschen wirklich bedeuten. Heikel ist die Situation bei den Schanigärten.

Peter Dobcak, der Fachgruppenobmann für Gastronomie in der Wiener Wirtschaftskammer, warnt die Wirte, nach der Öffnung der Branche Mitte Mai die Gäste mittels Billig-Angeboten locken zu wollen. "Ich appelliere an die Vernunft der Kollegen, jetzt nicht wieder mit einem Preiskampf zu beginnen", sagte er im Gespräch mit der APA. Denn auch so wären die Folgen der Coronakrise schon schlimm genug.

Ruinös könne es etwa sein, extrem günstige Mittagsmenüs anzubieten, zeigte er sich überzeugt. Man solle auch nicht glauben, dass die Menschen sofort wieder in die Lokale strömen werden, nur weil man aufsperre, wies er auf die Gefahr von überzogenen Erwartungen hin. Vielmehr solle man die Chance nutzen, dass auch viele Kundinnen und Kunden jetzt Verständnis für die Probleme der Gastronomie hätten, schlug Dobcak vor.

Wirt ist wichtiger als das Kaufgeschäft

Was jedoch die überzogenen Erwartungen betrifft, so zeichnet eine Umfrage ein ganz anderes Bild. Die Österreicher vermissen nämlich die Gastronomie ganz stark und freuen sich schon auf das Essen gehen, zeigt eine Erhebung unter 1.000 Österreichern. Ein Viertel der Befragten gab in der Umfrage an, sie würden als Erstes nach der Lockerung der Ausgangsbeschränkungen ein Restaurant oder Lokal aufsuchen. Das liegt nach "Freunde treffen" und "Familie sehen" an dritter Stelle im Ranking der Quarantäne-Sehnsüchte und habe wohl auch damit zu tun, dass Lokale "Orte des sozialen Zusammentreffens" sind, sagt Dieter Scharitzer, Geschäftsführer des Marktforschungsinstituts TQS Research & Consulting, das die Umfrage gemacht hat. "Man kann halt digital kein Bier trinken", merkt der Experte an.

Der Handel muss sich hingegen damit abfinden, dass Shopping den Österreichern weniger abgeht. "Einkaufen als Freizeitgestaltung kommt weit abgeschlagen nach der Gastronomie", so Scharitzer im Gespräch mit der APA unter Verweis auf seine Umfrage. Nur vier Prozent fehlt das Einkaufserlebnis in der Quarantänezeit. Das sei ein Hinweis darauf, dass es für einige Branchen nicht reichen wird, die Geschäfte wieder zu öffnen. Die Menschen hätten gelernt, online einzukaufen, das sei bequem, oft billiger und schnell. Auch hier zähle die gute Marke, stationär und beim Online-Auftritt. Wenn man heute über eine Homepage stolpere, die noch gleich aussieht wie vor der Krise, dann sei das Defizit offensichtlich. "Die ersten Konkurse in der Branche lassen sich meist auch mit Versäumnissen bei der Digitalisierung der Vertriebskanäle begründen", so Scharitzer.

Nur ein Drittel plant Sommerurlaub

"Ein großes Fragezeichen" steht für Scharitzer über dem heimischen Tourismus in diesem Sommer, vor allem über der Rückkehr der internationalen Gäste. Das liege einerseits an Reiseeinschränkungen, andererseits aber auch an den Einstellungen der Menschen. Vergangene Woche, knapp nach Ostern, hat laut Umfrage die Hälfte der Österreicher für den Sommer keinen Urlaub ins Auge gefasst. Nur ein Drittel plant einen Sommerurlaub, davon will knapp die Hälfte in Österreich bleiben, der Rest ins nahegelegene Ausland fahren oder ist noch unentschlossen. Letztlich zieht es nicht einmal ein Zehntel der Österreicher heuer ins Ausland.

Zurück zu den Wirten. Wenn sie es geschickt macht, könne die Gastronomie jetzt Profiteur sein. Die Schaffung einer starken Marke sei dabei wichtiger als der Vertriebskanal, über den die Speisen und Getränke zum Kunden gebracht werden. Wer zwischenzeitlich etwa über Hauszustellung Kundenbindung betrieben hat, könne jetzt vielleicht trotz reduziertem Platzangebot profitieren.

Heikles Problem bei Schanigärten

Wirtschaftskammer-Funktionär Dobcak befindet indes, dass Kampfpreise definitiv das falsche Mittel seien. Diese wären "fatal" und würden eine ohnehin bevorstehende Entwicklung nur verschärfen, so der Kammervertreter. Er rechnet damit, dass die Zahl der Insolvenzen in der Branche heuer um 20 bis 30 Prozent ansteigen wird - außer es würde sich an den Rahmenbedingungen etwas gravierend ändern, wie er sagte.

Gegensteuern könne man etwa mit - möglicherweise befristeten - Neuregelungen für Schanigärten. Denn Freiflächen würden, so mutmaßte Dobcak, nun noch beliebtere Treffpunkte werden. Die Bestimmungen für die Open-Air-Areale könnten gelockert werden, auch eine Vergrößerung von Flächen sei hier eine Möglichkeit, hielt er fest. Gefordert seien hier etwa der Bund oder auch die Stadtverwaltung.

Zugleich könnten die Schanigärten aber auch zum Problem werden, fürchtet er. Denn so manche Nachbarn und Anrainer hätten sich jetzt wohl an die Ruhe gewöhnt. Nun sei nicht ausgeschlossen, dass nach der Wiedereröffnung vermehrt Konflikte entstehen.

Wie viele Lokale ab 15. Mai in Wien wieder aufsperren werden, wisse er nicht, sagte Dobcak.

(Apa/red.)

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