TV-Serie mit Eric Cantona

"Aus der Spur": Dieser Mann taugt nicht als Robin Hood

Alain Delambre (Eric Cantona) bedroht Manager Alexandre Dorfmann (Alex Lutz).
Alain Delambre (Eric Cantona) bedroht Manager Alexandre Dorfmann (Alex Lutz).(c) Arte
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Ein Arbeitsloser plündert die Schwarzgeldkonten eines ausbeuterischen Unternehmens. Die Arte-Mini-Serie „Aus der Spur“ hat daraus ein düsteres Familien- und Sozialdrama gemacht. Mit Ex-Fußballstar Eric Cantona in der Rolle seines Lebens.

Ein 56-jähriger Arbeitsloser heckt einen genialen Plan aus, um die Schwarzgeldkonten eines ausbeuterischen Unternehmens zu plündern. Hollywood hätte ihn zu einem modernen Robin Hood hochstilisiert, doch der von Ex-Fußballprofi Eric Cantona auf nahezu schmerzhafte Weise glaubwürdig verkörperte Alain Delambre ist kein sympathischer Zeitgenosse.

Ebenso sehr wie Delambre sein Umfeld ständig manipuliert, tun es auch die Macher der Arte-Serie "Aus der Spur". Sechs Folgen lang versucht man als Zuseher verzweifelt, Zugang zu diesem mürrischen, depressiven, egoistischen Kerl zu finden. Noch dazu ist Delambre der wenig zuverlässige Erzähler der Geschichte, der sich seine ganz eigene Wahrheit zimmert. Welchen seiner Worte kann man trauen? Wann auch immer man nach einer der zahlreichen Wendungen denkt, nun endlich das wahre, nette Gesicht dieses unsensiblen Rüpels erkannt zu haben: Fehlanzeige.

Dieser durch viele Jahre der Arbeitslosigkeit zermürbte und ständig aufbrausende Mann wird für seine Familie zunehmend unerträglich. Seine Frau verzweifelt an ihm, seine schwangere Tochter steht angesichts ihres fordernden Vaters am Rande des Nervenzusammenbruchs und seine andere Tochter, eine Anwältin, muss die Folgen seiner Wutausbrüche juristisch bekämpfen. Es sind mitunter die stärksten Szenen der Serie: Die drei Frauen geben ihn nicht auf, versuchen weiter, ihn zu unterstützen. Gedankt wird es ihnen nicht. Zu sehr ist dieser Mann mit sich selbst und seinem Kampf gegen die Welt, die sich aus seiner Sicht gegen ihn verschworen hat, beschäftigt. Schamlos benutzt er seine Nächsten.

Eric Cantona in der Rolle seines Lebens.
Eric Cantona in der Rolle seines Lebens.(c) Arte

Auch der kleine Mann ist gierig

Der libanesisch-französische Regisseur Ziad Doueiri und Krimiautor Pierre Lemaitre haben eine raffinierte Geschichte konstruiert. Sie beginnt harmlos. Delambre meldet sich auf eine vielversprechende Annonce und hofft auf den ersten Job seit sechs Jahren. Das französische Paradeunternehmen Exxya steht vor unpopulären Maßnahmen. 1250 Mitarbeiter eines Werks sollen gekündigt werden. Der skrupellose Manager-Emporkömmling Alexandre Dorfmann (Alex Lutz) sucht daher für diesen undankbaren Posten eine stressresistente Führungskraft aus seinem Team. Er engagiert einen Personalberater, der ihm ein unmenschliches Rollenspiel vorschlägt: Um deren Handlungsfähigkeit in Ausnahmesituationen beurteilen zu können, sollen die Spitzenkräfte als Geiseln genommen werden. Alles fiktiv natürlich, aber gleichzeitig realistisch. So die Vorgabe. Und Delambre, ein ehemaliger Personalchef, soll die Kandidaten während der Geiselnahme befragen. Doch der entwickelt ganz eigene Pläne.

"Aus der Spur" ist Sozialstudie und Familiendrama in einem, kombiniert mit Kapitalismuskritik. Allerdings nicht mit dem Holzhammer. Es geht viel um Gegensätze, manchmal aber auch nur scheinbare. Der nicht zu kaschierende Schimmel an den Wänden in der Küche der Familie Delambre steht zwar im Widerspruch zu den sonnendurchfluteten Glaspalästen der französischen Business-Elite. Der arme, kleine Arbeitslose im Kampf gegen die bösen Wirtschaftsbosse also? Wie schön vereinfachend wäre dieses Bild, das Delambre später für seine eigenen Zwecke missbrauchen wird. Vielmehr ist er selbst ein "Desperado im System", wie es die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" treffend formuliert. Oder um es mit den Worten des aalglatten Managers Dorfmann zu sagen: „Wir alle sind dem Wolf näher als dem Lamm“.

Die ersten drei Folgen der Serie „Aus der Spur“ wurden am 23. April auf Arte gesendet. Am Donnerstag, 30. April, strahlt der TV-Sender ab 21:10 Uhr die Folgen 4 bis 6 aus. Alle sechs Folgen sind in der Arte-Mediathek bis 14. Mai abrufbar.

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