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Opposition verweigert weitere Eilverfahren für Corona-Gesetze

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NATIONALRAT 'CORONA-GESETZE': SOBOTKA/BURESAPA/ROBERT JAEGER
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Beschränkungsmöglichkeiten für Versammlungen wurden ebenso beschlossen wie die Erhöhung der Notstandshilfe.

Wien. Der „Nationale Schulterschluss“ ist schon seit der letzten Nationalratssitzung vorbei, am Dienstag blockierte die Opposition aber erstmals auch den Fahrplan der Regierung: Die nächsten Corona-Gesetze können nicht, wie geplant, Anfang Mai in Kraft treten. Das ist deshalb nicht möglich, weil für ein weiteres Gesetzespaket im Eilverfahren eine Sondersitzung des Bundesrates am Donnerstag notwendig gewesen wäre. Dafür gab es aber keine Zustimmung von SPÖ und FPÖ.

Und die beiden Parteien könnten die Vorhaben der Koalition noch weiter blockieren, nämlich mit einem Veto in der nächsten regulären Bundesratssitzung am 7. Mai. Damit würden die Gesetze zwar nicht verhindert, aber verzögert: Der Nationalrat müsste einen Beharrungsbeschluss fassen. Stein des Anstoßes ist die Neufassung des Epidemiegesetzes: Die SPÖ etwa ortet ein verfassungsrechtliches Problem, weil aufgrund des neuen Gesetzes bestimmten Personengruppen der Zugang zu Veranstaltungen untersagt werden kann. Das könnte dazu genutzt werden, den Besuch einer Veranstaltung auf jene einzuschränken, die die Corona-App verwenden – oder ganze Personengruppen, wie etwa Pensionisten generell auszuschließen, so die Befürchtung.

Die Koalition versuchte, zu beruhigen: In einem Abänderungsantrag wurde klar gestellt, dass weder die Corona-App, noch die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe Grund sein kann, Personen von einer Veranstaltung auszuschließen. Möglich sein soll dagegen die generelle Beschränkung der Teilnehmerzahl sowie die Einschränkung auf bestimmte Berufsgruppen, etwa auf Spitzensportler. Der SPÖ war diese Klarstellung zu wenig: Ein Blitzverfahren für derart weitreichende Grundrechtseingriffe sei abzulehnen, man wolle eine Begutachtung des Gesetzesentwurfs im zuständigen Ausschuss, sagte der stellvertretende Klubchef Jörg Leichtfried. Ob die SPÖ das Gesetz aber im Bundesrat blockieren wird, ist noch offen.

Größere Einigkeit gab es bei den Sozialgesetzen: SPÖ und FPÖ stimmten zu, als es um die vorübergehende Erhöhung der Notstandshilfe sowie um Erleichterungen für Risikogruppen ging. Menschen, die besonders gefährdet sind, können damit von der Arbeit zu Hause bleiben, wenn weder Home Office, noch spezielle Schutzvorkehrungen möglich sind. Den Arbeitgebern werden dafür sämtliche Lohnkosten ersetzt.

Dabei ist das Gesetz nicht ganz unumstritten. Für Kritik in der Debatte sorgte etwa, dass zunächst die Österreichische Gesundheitskasse einen Brief an Risiko-Patienten schreiben muss, aber sich andere potenziell Betroffene wie beispielsweise Dialyse-Patienten selbst an den Arzt wenden sollen, um zu entscheiden, ob man zur Risikogruppe gehört. Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker hält das für zu bürokratisch. Wenn man solch eine Maßnahme treffe, müsse die schnell gehen.

Für FPÖ-Mandatar Peter Wurm ist wiederum durch die Definition der Risikopatienten klar gestellt, dass diese Gruppe nicht mal ein Prozent der Österreicher umfasst, wodurch er bewiesen sieht, dass die Einschränkungen der Regierung zu weitgehend waren. SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch bemängelte, dass weder die Angehörigen von Risikogruppen noch der Schutz von werdenden Müttern mitbedacht worden sei.

„Schuss ins Herz“

Umstritten war auch die Coronahilfe für Österreichs Wirtschaft. Während Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) ein „Licht am Ende des Tunnels“ zu erkennen glaubte, gab es von der Opposition heftige Kritik. FPÖ-Mandatar Erwin Angerer sprach von „monatelangem schwarz-grünem Coronawahnsinn“ und einem „Schuss ins Herz“ der Unternehmen. Neos-Chefin Beate Beate Meinl-Reisinger kritisierte den „Bürokratiedschungel“ und dass sich die Unternehmen die Krisenhilfe selbst zahlen müssten. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hob die Rolle des Staates hervor: Die Selbstregulierungskräfte des Marktes würden versagen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2020)

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