Streaming vs. Kino

Hollywoods Machtkampf um die Kinostarts

LES TROLLS 2 - TOURNEE MONDIALE TROLLS WORLD TOUR 2020 de Walt Dohrn et David P. Smith Universal Pictures - DreamWorks A
LES TROLLS 2 - TOURNEE MONDIALE TROLLS WORLD TOUR 2020 de Walt Dohrn et David P. Smith Universal Pictures - DreamWorks A(c) imago images/Prod.DB (Universal Pictures - DreamWorks)
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Die Oscar-Academy lässt heuer zu, dass auch Filme nominiert werden, die ausschließlich via Streaming veröffentlicht wurden. Der mächtigste Kinobetreiber der Welt kündigt unterdessen einen Boykott an.

Zuerst sind Filme in Kino zu sehen, einige Monate später kann man sie kaufen, ausleihen oder inzwischen auch streamen und am Schluss kommen sie ins Fernsehen. Diese „Verwertungskette“ hat sich für die Filmbranche lang bewährt, in der Coronakrise kommt sie nun aber durcheinander. Während einige Filmstudios die Starts ihrer Blockbuster nach hinten verschieben, ziehen andere die „Zweitverwertung“ Streaming vor: Die Fortsetzung des Animationsfilms „Trolls“ etwa ging jüngst direkt in den sogenannten Premium-Online-Verleih. Für knapp 20 Dollar in den USA und 15 Euro in Europa konnte man ihn sich daheim ansehen. Für das Filmstudio Universal Pictures zahlte sich das aus: In drei Wochen spielte „Trolls World Tour“ allein im US-Markt knapp 100 Millionen Dollar ein, wie das "Wall Street Journal" am Dienstag berichtete.

Dieser Erfolg könnte die Filmbranche zum Umdenken bringen - auch wenn die Kinos wieder aufsperren dürfen. „Wir gehen davon aus, dass wir Filme in beiden Formaten veröffentlichen werden, wenn die Filmtheater wieder öffnen“, sagte der Chef von NBCUniversal, Jeff Shell.

Weltgrößte Kinokette boykottiert Universal Pictures

Diese Ansage kontert nun die weltgrößte Kinokette AMC Theatres mit einem offenen Brief. „Ab sofort wird AMC keinen Film von Universal in einem seiner Kinos in den USA, Europa oder dem Mittleren Osten vorführen", schrieb AMC-Chef Adam Aron. Allein in den USA und Europa betreibt AMC an die 900 Kinos, in Deutschland gehören die UCI-Kinos dazu (in Österreich gehören diese zu Constantin Film).

AMC ist Teil der Wanda Group, dem Unterhaltungskonglomerat des chinesischen Milliardärs Wang Jianlin. In China, dem zweitgrößten Kinomarkt der Welt, betreibt Wanda 187 Kinos. Sollte der Boykott auf die gesamte Wanda Group ausgeweitet werden, wäre das wohl lebensbedrohlich für Universal Pictures. Zumindest dann, wenn die Kinos wieder aufsperren.

Academy lässt auch Streaming zu

Allzu bald rechnet in Hollywood offenbar niemand damit. Denn die Academy of Motion Pictures Arts and Sciences, die jedes Jahr die Oscars verleiht, hat ihre Regeln geändert: Wegen der Coronavirus-Pandemie können bei der kommenden Verleihung auch Filme in die Auswahl kommen, die nie im Kino waren, sondern ausschließlich bei Streaming-Diensten zu sehen waren. Das teilte die Academy in der Nacht zum Mittwoch in Los Angeles mit.

Normalerweise muss ein Film an mindestens sieben aufeinanderfolgenden Tagen in einem Kino in Los Angeles zu sehen sein, um für eine Nominierung für die Filmpreise infrage zu kommen. Alle Kinos in Los Angeles sind aber seit mehr als einem Monat wegen der Coronavirus-Pandemie geschlossen.

Nach einer Wiederöffnung der Kinos gelte die vorübergehend gelockerte Regel nicht mehr, hieß es von der Academy. Wann das so weit ist, weiß keiner. Üblicherweise kommen Filme, denen große Chancen auf Oscars eingeräumt werden, frühestens im Herbst in die Kinos. Dass die Academy jetzt schon die Regeln ändert, ist bemerkenswert.

Streaming-Dienste setzen auf Filmpreise

Die nächste Oscar-Verleihung ist für den 28. Februar 2021 geplant. Streaming-Dienste wie Netflix hatten bisher ihre Exklusiv-Produktionen zumindest in wenige Kinos gebracht, damit sie ins Rennen für einen Oscar gehen konnten. Zuletzt hatte Netflix sogar  das Kino „Paris Theater" am Südende des Central Parks in New York angemietet, das vergangenen Sommer geschlossen worden war.

Angeblich wollte der Streaming-Dienst auch das Grauman's Egyptian Theatre in Hollywood kaufen. Alles, um sicher zu gehen, bei den Oscars berücksichtigt zu werden. Bisher war man nicht damit zufrieden, wie die Eigenproduktionen bei den großen Filmpreisen abschnitten. Ein Oscar oder Golden Globe ist immer noch für viele Menschen ein Grund, sich für einen Film zu entscheiden. Egal, ob an der Kinokasse oder mit der Fernbedienung.

(APA/dpa/her)

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