Entenhausen liegt auf dem Küniglberg

Viel wurde im vergangenen Sommer über „Entenhausen“ gestritten und geschrieben...

... darüber, dass der Kanzler etwas gegen die schnatternden Pürzeltiere habe, weshalb er dem Bregenzer Festspielhaus als Austragungsort seines „Sommergesprächs“ gegenüber der Seebühne den Vorzug gab – und gleichsam selbst bevorzugt wurde vom ORF, der diesbezüglich ja stets verdächtig ist. Den anderen Spitzenkandidaten wurde eine solche Bevorzugung nicht zuteil – so bekam das Fernsehpublikum schräge Sturmfrisuren und ohrenbetäubendes Glockengeläut (statt der übertönten Antworten) geboten. Peinliche Pannen, unprofessionelle Vorbereitung – das Kanzlerbüro kritisierte die „schlechte, dilettantische und lieblose Organisation“. Aber letztlich war Faymann der Einzige, der sich nicht beklagen konnte – kein Ruhmesblatt für den ORF.

Wie jedes Jahr bricht auch heuer die Diskussion über die „Sommergespräche“ los, lange bevor man genau weiß, wann die Parteichefs von welchem Duo interviewt werden sollen. Die Planungen sind (ziemlich spät, wie man auch auf dem Küniglberg meint) angelaufen, mögliche Ko-Interviewer erst angefragt, Termine wurden gesucht, gefunden und werden vermutlich (weil parallel Fußball im ORF laufen würde) wieder verschoben. Die ÖVP fühlt sich übergangen – der Kanzler habe seinen Termin schon, der Vizekanzler nicht, wird gemutmaßt – und meint, eine Verschiebung der Sendungstermine solle der Kanzlerquote nützen. Die FPÖ vermutet „entweder Chaos oder Berechnung“.


Ganz sicher kein Zufall ist, dass FPÖ und ÖVP ein weiteres Ass gegen ORF-Informationsdirektor Elmar Oberhauser ausspielen: Sie kritisieren, dass WM-Karten vom ORF erworben, dann aber nicht genutzt wurden – ein teurer Spaß und schwerer Fehler, den der öffentlich-rechtliche Sender jetzt untersuchen muss.

Die ÖVP hätte diesen Trumpf vermutlich noch im Ärmel, hätte sie auf einem anderen Schauplatz bekommen, was sie wollte. Doch ORF-General Alexander Wrabetz hat sich gegen die von der Pröll-Partei favorisierte Lisa Totzauer als neue Chefin der TV-Magazine entschieden und will stattdessen Waltraud Langer befördern. Als Retourkutsche will die ÖVP die WM-Karten-Affäre in den Stiftungsrat bringen und erinnert den ORF in einem an die Öffentlichkeit gespielten E-Mail an „die Blamage“ mit den „Sommergesprächen“ letzten Jahres. Grüße aus Entenhausen, sozusagen.


isabella.wallnoefer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.