The spread of the coronavirus disease (COVID-19) in Berlin
Ehe in Coronazeiten

Heiraten mit Maske? Nein, danke!

Tausende Paare bangen um ihre Traumhochzeit. Feiern mit Abstandsregelung und Maskenpflicht sind für viele undenkbar. Termine im Jahr 2021 werden bereits knapp, die Branche stöhnt.

Vor über einem Jahr hat sie den Termin reserviert. „Der 6.6. wäre ein cooles Datum gewesen.“ Bis dahin sind es nur noch fünf Wochen, trotzdem weiß Agnes F. noch nicht, ob sie ihre Hochzeit endgültig absagen soll. „Ich hänge total in der Luft.“

Bei jeder Pressekonferenz warte sie, dass die Regierung klare Ansagen für Hochzeiten macht. Diese sollen nun am Donnerstag bekannt gegeben werden. Dass Agnes im Juni heiraten kann, davon hat sie sich insgeheim aber verabschiedet. Zumindest nicht so, wie sie sich das vorgestellt hat: Eine große Hochzeit mit 130 Personen, einige aus dem Ausland. Selbst wenn es theoretisch möglich wäre: „Man will ja die Nähe, man will sich umarmen können.“ Mit Abstand oder Masken wäre es einfach nicht das gleiche, sagt sie.

Agnes ist eine von tausenden Brautpaaren in Österreich, die wegen der Coronakrise um ihre Traumhochzeit bangen. Rund 46.000 Paare heirateten im Jahr 2018, rund die zwei Drittel von ihnen zwischen Mai und September. Doch obwohl im Mai Lockerungen in Kraft treten, ist es mehr als unsicher, ob größere Veranstaltungen heuer überhaupt noch stattfinden können. Viele haben deshalb bereits auf das kommende Jahr verschoben. 2021 einen Samstagstermin am Wunschort zu bekommen, sei bereits nahezu unmöglich, warnen Branchenvertreter.



Roland Pöll hat einen solchen Termin ergattert und seine Hochzeitsfeier genau um ein Jahr verschoben. Geheiratet haben er und seine Frau am Samstag trotzdem. In Niederösterreich, wo im Gegensatz zu Wien Hochzeiten stattfinden, mit fünf Personen und dem Standesbeamten hinter der Plexiglasscheibe. „So konnten wir zumindest die Masken beim Ja-Wort abnehmen“, sagt Pöll.

Dass das für viele zu wenig ist, versteht er. Schließlich ist Pöll als Hochzeitsfotograf und Betreiber der Plattform „Hochzeit.Click“ selbst von der schwierigen Lage betroffen. „Alle meine Engagements bis September wurden verschoben.“ Zumindest sei keines storniert worden, anders als bei vielen Fotografen, Caterern, Bands. „Es wird ein trockenes Jahr für die Branche.“

»„Hochzeiten, wie viele sie kennen, wird es heuer nicht geben."«

Roland Pöll, Hochzeitsfotograf



Stornierungen sind in der Branche ein besonders Streitthema. Manche Hochzeitsdienstleister würden sich gegenseitig darauf einschwören, möglichst hart zu bleiben. „Das macht mich sauer“, sagt Pöll. Genauso wie jene Brautpaare, die auf die volle Rückzahlung der Kosten bestehen würden. „So funktioniert es auch nicht, da hängen tatsächlich Existenzen dran.“ Auch er hat deswegen um den Härtefonds angesucht.
Der Arbeiterkammer zufolge dürfe keine Stornogebühr verlangt werden, wenn Dienstleistungen wegen behördlicher Untersagung nicht erbracht werden können. Pöll würde sich trotzdem wünschen, dass die Beteiligten mehr miteinander reden würden. „Irgendein Weg findet sich immer.“
„Bei uns waren bisher alle sehr kulant“, sagt Elisabeth A. Sie wollte Ende Mai heiraten, hat dann aber auf Juli verschoben. Hotel und Kirche waren an einem Tag noch frei. Jetzt steht sie vor demselben Dilemma. „Wir haben keine Ahnung, was wir machen.“ Dass sie nun ständig von Freunden gefragt werde, wie es mit dem Termin aussehe, mache es nicht leichter.

Das Leben aufschieben?

Auch sie wartet darauf, welche Regeln die Regierung verkündet. „Ich würde es schön finden, wenn sie es uns erlauben würden.“ Vor allem, wenn sie an die Prognosen für eine etwaige zweite Coronavirus-Welle im Herbst denkt. Trotzdem ist ein neuer Ersatztermin 2021 für sie und ihren Verlobten nicht wirklich eine Option. „Wir haben uns aus gutem Grund entschieden, jetzt zu heiraten.“ Elisabeth widerstrebt es, „das Leben so aufzuschieben.“

„Hochzeiten, wie viele sie kennen, wird es heuer nicht geben“, glaubt auch Pöll. Auch im Winter könne man heiraten, sagt er. Für alle, die nicht warten wollen, bietet ein Start-up seit kurzem auch Hochzeits-Livestreams an. Doch sich von der Traumhochzeit verabschieden fällt schwer. Auch Elisabeth will am liebsten nur heiraten, wenn ihre Gäste „richtig feiern können“, die Angst vor Corona „aus ihrem System draußen haben.“ Aber das, glaubt sie, werde wohl noch dauern.

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