Mário Centeno fordert direkte Budgetzuschüsse als Teil des EU-Wiederaufbaufonds. Andernfalls drohe der Union eine desaströse Zerstörung des Binnenmarktes, warnt der Präsident der Eurogruppe.
Brüssel. Der Präsident der Eurogruppe, Mário Centeno, wies im Interview mit der „Presse“ und vier anderen europäischen Zeitungen Kritik an der bisherigen wirtschaftspolitischen Antwort der EU auf die Coronakrise zurück. „Europa hat seine Instrumente ziemlich erfolgreich adaptiert. Wir haben beträchtliche und zeitgerechte Lösungen für die Notsituation gefunden. Vergleichen Sie das mit dem, was in den Vereinigten Staaten los ist. Dort gibt es eine Bundesregierung, hoch koordinierte Antwortmechanismen - und schauen Sie sich die gegenwärtige Situation an, den Mangel an Koordination, der auf allen Ebenen zu beobachten ist.“
Im Gegensatz dazu hätten die Finanzminister der 19 Eurostaaten unter seinem Vorsitz nur zehn Tage benötigt, um ein in Summe 540 Milliarden Euro umfassendes Paket an Hilfskrediten für Arbeitnehmer, Betriebe und Staaten zu schnüren. „Wir prügeln in Europa manchmal ein bisschen zu viel auf uns selbst ein. Im Sinne des Ehrgeizes ist das gut, aber es hilft nichts.“ Das europäische Modell der sozialen Marktwirtschaft habe „sehr starke Stoßdämpfer. Vergleichen Sie nur die Zahl der Arbeitslosen in den USA mit jener in Europa.“ Die europäischen Sozialsysteme erlaubten es den Staaten der Union, „diese Periode mit einem starken Sicherheitsnetz zu durchstehen. Wir dürfen das nicht zerstören“, sagte er am Mittwoch zur „Presse“, „De Standaard“ (Belgien), „The Irish Times“, „Kathimerini“ (Griechenland) und „Kauppalehti“ (Finnland).